Es ist die derzeit
schlimmste Tragödie auf dem Erdball: Mehr als zehn Millionen Menschen riskieren in
Ostafrika das Leben, sie sind von einer Hungersnot bedroht. Hilfswerke, auch christliche,
haben seit Monaten auf die drohende Dürre hingewiesen. Aber die Weltgemeinschaft hat
die Katastrophe erst zur Kenntnis genommen, als massenhaft Hungernde aus Somalia nach
Kenia flüchteten. Dorothee Klüppel ist Leiterin der Abteilung Afrika und Naher Osten
bei dem katholischen Hilfswerk Misereor. Sie sagte gegenüber Radio Vatikan, die Flüchtlingsströme
bedeuten für die Region eine massiv verstärkte Bevölkerung in einer ökologisch und
klimatisch ohnehin fragilen Region.
„Das heißt die Übernutzung der natürlichen
Lebensgrundlagen, was Wasser, Weidegrund für Vieh, vorhandene Nahrungsmittel angeht.
Das sieht man auch daran, dass es Konflikte gibt auf der einen Seite mit der lokalen
Bevölkerung, aber auch mit jenen Flüchtlingen aus Somalia, die schon lange Zeit in
Kenia leben. Da wird einfach der Kampf um das bisschen, was da ist an Lebensgrundlage
größer.“
Andererseits hätten sowohl Kenia als auch Äthiopien massive Angst
vor islamistischem Terror, der auf diese Art in ihr Land einsickern kann.
„Das
ist der Grund, dass etwas Kenia versucht hat die Grenze zu schließen und vorhandene
Flüchtlingscamps nicht geöffnet hat, weil sie Angst hatten, dass mit den Flüchtlingen,
die vor der Hungerkatastrophe flüchten, auch islamistische Terrorkräfte einsickern
können.“
Somalia galt weltweit schon vor der Dürrekatastrophe als Inbegriff
für Chaos, eine staatliche Ordnung gibt es nur stellenweise, radikalislamische Milizen
verbreiten Terror. Jetzt kommt noch diese Jahrhundert-Dürre dazu. Wenn die akute Phase
vorüber ist, was muss in Somalia geschehen, damit sich das Land mittelfristig wieder
selber helfen kann?
„Was das Land braucht, ist Frieden. Frieden ist die
Grundlage für jede Form der Entwicklung. Ob es die Landwirtschaft ist, die die Ernährung
sicherstellt, ob es die Möglichkeit ist für junge Menschen, sich nicht den Milizen
anzuschließen oder Pirat zu werden, sondern einen Beruf zu erlernen, der ihnen auch
ein Einkommen sichert. Selbst die Nothilfe braucht ein Mindestmaß an staatlicher Ordnung,
und das ist in Somalia nicht vorhanden. Die Dürre ist ein klimatisches und ökologisches
Problem, das die Region massiv trifft. Aber das Chaos, das Fehlen staatlicher Ordnung
in Somalia, ist das, was die aktuelle Situation tatsächlich zur humanitären Katastrophe
macht. Das heißt, die Friedensbemühungen der internationalen Gemeinschaft mit Somalia
müssen massiv verstärkt werden. Die Afrikanische Union versucht mit Friedenstruppen
den friedlichen Prozess in Somalia in Gang zu bringen und die Übergangsregierung zu
stärken. Das sind aber alles Maßnahmen, die bisher nicht annähernd ausreichen. Was
das Land braucht, ist Frieden.”