2011-07-28 10:00:41

Päpstliches Rom im Barock: Musik als Magnet


RealAudioMP3 Die Kulturszene im Rom des Barock war immer international. Und nun wird es auch die Forschung. Im Projekt „Musici“ widmen sich französische, italienische, deutsche und spanische Musikwissenschaftler der Musikgeschichte im Rom Corellis und Charpentiers. Ein Rom, in dem vielfach die Kardinäle die erste Geige spielten, wie Carlo Mertens in seinem Beitrag beschreibt.
Das Rom des 17. Jahrhunderts war ein Magnet für Musiker und Komponisten aus ganz Europa. Am Deutschen Historischen Institut und der École Française de Rome ist deshalb ein Projekt angesiedelt, das die gesellschaftlichen Hintergründe dieser Entwicklung ausleuchtet. Anne-Madeleine Goulet - neben Gesa zu Nieden eine der beiden Leiterinnen des Projekts - beschäftigt sich mit der Musik in den französischen Adelskreisen der ewigen Stadt. Sie untersucht Briefe einer römischen Adeligen französischer Herkunft, die musikalische Darbietungen in Rom beschreibt. In Versailles war das Interesse an ihren Berichten groß. Denn Musik war im Barock auch immer ein politisches Mittel - nicht nur bei den weltlichen Herrschern. Auch Kirchenfürsten waren große Mäzene von Musikern und Komponisten.
„Es ist sehr schwierig, in dieser Epoche einen Unterschied zwischen der politischen Haltung des Kardinals und seiner Rolle als Mäzen auszumachen. An den Kardinalshöfen fanden Schauspiele, Ballette und Tanzabende statt. Alle Kardinäle hatten ein kulturelles Leben in Rom, das von der politischen Funktion getrennt zu sein scheint. Aber in Wirklichkeit war beides stark miteinander verwoben.“
Diese Verwebung von Politik und Kunst wurde im Barock schließlich auch auf die römische Opernbühne gebracht. In der so genannten „Opera a chiave“ wurden politische Ereignisse historisch und mythologisch verschlüsselt. Der spanische Musikwissenschaftler José Maria Dominguez:
„Hinter einer Figur wie zum Beispiel Alexander dem Großen konnte man einen Papst wie Alexander VIII., den Ottoboni-Papst verbergen. Das war eine sehr subtile, spezifische Kommunikation, die nur derjenige mit Sicherheit verstand, der den Schlüssel zu dem Geheimnis hatte. Es gibt dazu eine bemerkenswerte amtliche Verlautbarung aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert: Sie besagt, dass ein Adeliger aus der Stadt verbannt wurde, weil er den Personenschlüssel einer Oper verriet.“
An diesem Beispiel kann man die Bedeutung ermessen, die in der Barockzeit dem Musiktheater und der Konzertmusik zukam. Die Historikerin und Projekt-Mitarbeiterin Britta Kägler erklärt, woran dies lag:
„Wir haben ein internationales Parkett in der Stadt, wo sich die Franzosen, die Spanier, die Deutschen treffen, weil sie das große Interesse haben, im Kirchenstaat, am Papsthof, Politik zu machen. Und andererseits ist das in der frühen Neuzeit ganz eng mit dem kulturellen Auftreten in der Stadt verbunden. Man möchte zeigen, welchen Einfluss, welche finanziellen Möglichkeiten der eigene Fürst zuhause hat, und das macht man, indem man Feste ausrichtet, indem man die Musik der Zeit spielt, und das sind vor allem italienische Komponisten.“
Das Interesse für die neueste Musik aus Rom ist also ein zentraler Aspekt, der alle Musiker aus den verschiedenen Nationen im 17. Jahrhundert vereinte. Doch was vereint oder trennt die Wissenschaftler aus den vier Ländern von heute?
„Gleich am Anfang hatten wir schon ein Problem mit den beiden Wörtern, die es im Italienischen gibt: der „forestiero“ und der „straniero“, das sind zwei unterschiedliche Realitäten. Der „forestiero“ kommt aus einer anderen italienischen Stadt, der „straniero“ aus einem anderen Land. Aber auf Französisch gibt es nur ein Wort: „etranger“. Und daher mussten wir uns zuerst auf eine klare Definition dieser beiden Wörter einigen.“
Die Kommunikation in einem internationalen Team von Geisteswissenschaftlern ist nicht immer einfach: Sprache prägt schließlich die Wahrnehmung der Realität. Das Projekt Musici hat aber noch eineinhalb Jahre vor sich. In dieser Zeit soll auch eine Datenbank zu den historischen Musikern entstehen. Sie soll 2013 online gestellt werden. Man darf also auf weitere Forschungsergebnisse des Projekts „Musici“ gespannt sein.
(rv 26.07.2011 cm)









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