2011-07-26 11:39:38

Ostafrika: UNO fordert „dringende Hilfe“


RealAudioMP3 Die Vereinten Nationen zeichnen ein dramatisches Bild der Flüchtlingslage in Ostafrika. In einer Krisensitzung am Montag in Rom haben sie zu massiver und rascher Hilfe aufgerufen und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Hungersnot in Somalia und Äthiopien vereinbart. Dabei sollen vor allem Bauern und Fischer in den betroffenen Regionen unterstützt und Schwankungen der Nahrungsmittelpreise bekämpft werden.

„Die Kombination aus Dürre, Inflation und politischen Konflikten hat eine katastrophale Situation geschaffen, gegen die es massive und unmittelbare internationale Unterstützung braucht“, sagte der Generaldirektor der Welternährungsorganisation FAO. In den nächsten zwölf Monaten müssten 1,6 Millionen US-Dollar aufgebracht werden, 300 Millionen in den nächsten zwei Monaten, um eine weitere Verschärfung der Krise zu verhindern.

Verzweifelte Frauen müssten ihre sterbenden Kinder auf der Flucht am Straßenrand zurücklassen, sagte die Direktorin des UNO-Welternährungsprogramms, Josette Sheeran.

„Sie mussten die schreckliche Entscheidung treffen, das stärkere Geschwisterkind auf Kosten des Schwächeren zu retten. Anderen Müttern starben die Kinder in ihren Armen. Ich habe mit einer Frau gesprochen, die auf der Flucht und der Suche nach Nahrung drei Kinder verloren hat.“

Hungersnot der Kinder

Unicef warnte erneut vor einem Massensterben der Kinder. „Dies ist eine Hungersnot der Kinder. Wir müssen sofort handeln, jeder Tag kann den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen“, erklärte Unicef-Direktor Anthony Lake. Nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks Unicef sind in Somalia, Äthiopien, Kenia und Dschibuti bereits mehr als 2,3 Millionen Kinder akut mangelernährt. Mehr als 500.000 Mädchen und Jungen seien so ausgezehrt, dass nur sofortige Behandlung ihr Leben retten könne. Kerstin Bückner von Unicef Deutschland sagte dem Kölner Domradio:

„Die Kinder sind die Schwächsten. Man muss sich vorstellen, was die Flüchtlingsfamilien durchmachen, wenn sie teilweise über Wochen aus Somalia sich aufmachen, um in einem der Nachbarländer Hilfe zu finden. Das können die Kinder nicht überstehen. Ihre Körper sind einfach klein und anfällig, und deswegen ist es für viele jetzt schon so lebensbedrohlich geworden.“

Wegen der katastrophalen Dürre und massiven Ernteausfällen am Horn von Afrika haben die Vereinten Nationen zwei Regionen im von Anarchie und Gewalt geplagten Somalia offiziell zu Hungergebieten erklärt. Mindestens zwölf Millionen Menschen sind insgesamt betroffen, 3,7 Millionen sind akut vom Hungertod bedroht.

Derzeit können laut UNO-Angaben nicht mehr als zwei Millionen Menschen versorgt werden. Der Zugang werde verwehrt. Radikale Muslime der Al-Schabaab-Gruppe kontrollieren große Gebiete. Sie hatte im vergangenen Jahr Lebensmittelhilfen verboten und wirft den Hilfsorganisationen nun vor, nur aus politischen Gründen von einer Hungersnot zu sprechen.

Eigentlich einfach: Mit Geld kann Essen gekauft werden

Für die Hilfsorganisation Oxfam gibt es „keine Entschuldigung“ mehr für die internationale Gemeinschaft, nicht sofort großzügig zu helfen. „Kein anderes Problem kann dringender sein als Millionen Menschen, die in Afrika dem Schreckgespenst des Hungers entgegensehen“, erklärte Barbara Stocking, Direktorin von Oxfam in Großbritannien.

„Die beste Möglichkeit, die Mägen der Menschen zu füllen, ist Geld. Man muss ihnen Geld in die Hand geben oder Essensmarken, damit sie Nahrung kaufen können. Und das ist definitiv möglich. Sogar in Somalia. Die Gelder, die jährlich in dieses Land fließen, müssen auch in die Hände der Menschen gelangen. Ich sage: vor allem in die Hände der Frauen dort. Der Handel in den Ländern der Region, in Kenia, in Somalia ist sehr gut. Das ist der schnellste Weg, die Menschen mit Nahrung zu versorgen.“

Die deutsche Bundesregierung kündigte an, ihre Hilfe für die Dürreopfer am Horn von Afrika auf mehr als 30 Millionen Euro zu verdoppeln. Die Weltbank will umgerechnet rund 350 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Doch die Unterzeichner der Abschlusserklärung des Treffens in Rom wollen nicht nur kurzfristig mit Soforthilfen reagieren. Es sollen Frühwarnsysteme entwickelt werden, um die Entwicklung von Hungersnöten frühzeitig erkennen und bekämpfen zu können.

„Muss sich Geschichte wiederholen?“

Schon seit dem Jahr 2000 weise die FAO auf die strukturellen Ursachen der Krise in dieser Region hin. Doch die internationale Aufmerksamkeit habe sich anderen Themen zugewandt. „Jetzt befinden wir uns wieder mitten im Krisenmanagement“, kritisierte FAO-Generaldirektor Jacques Diouf aus dem Senegal.

„Muss sich Geschichte denn immer wiederholen? Muss die internationale Gemeinschaft im 20. Jahrhundert dem Kampf der Menschen, vor allem der Kinder zusehen? Und einem Viehsterben wie in Zeiten des Alten Ägypten?“

(rv/pm/fao.org 26.07.2011 bp)







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