Vatikan: „Cor Unum“ profitierte von „68er-Bewegung“
„Cor Unum“ feiert Geburtstag. Vor 40 Jahren wurde der päpstliche Entwicklungshilfe-Rat
gegründet. Es war der 15. Juli 1971, als Paul VI. die Kurienbehörde ins Leben rief.
Und heute? Der Präsident des Rates, Kurienkardinal Robert Sarah, hat anlässlich des
runden Geburtstags von „Cor Unum“ in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ einen
Beitrag geschrieben.
Kardinal Robert Sarah unterstreicht anlässlich seiner
Würdigung von „Cor Unum“ unter anderem die Bedeutung, die die Impulse der „1968er-Bewegung“
auf die Entwicklungshilfe hatten. Die von Papst Paul VI. in der Zeit des nachkonziliaren
Aufbruchs gegründete Kurienbehörde lege Zeugnis für die christliche Nächstenliebe
ab. Sie sei „Ort der Begegnung, des Dialogs und der Koordination zwischen den zahlreichen
katholischen Hilfsorganisationen“, schreibt der gegenwärtige Präsident des Rates in
der Vatikanzeitung.
Paul VI. habe diese Behörde in einer Zeit gegründet,
in der ein großer Wandel in Kirche und Welt stattgefunden habe, heißt es weiter. Die
Kirche habe sozialen Fragen zunehmend größere Aufmerksamkeit geschenkt. In der westlichen
Kultur sei gleichzeitig der Protest der „68er“ gegenüber traditionellen Wertvorstellungen
und Verhaltensweisen aufgekommen, der auch die Kirche nicht unberührt gelassen hat.
Dies und das Zweite Vatikanische Konzil hat das Verhältnis von Kirche und Welt auf
die Tagesordnung kommen lassen, hebt der Kurienkardinal hervor. Andererseits habe
jedoch die Gefahr einer Verabsolutierung der irdischen Verhältnisse bestanden, die
das christliche Zeugnis verdunkle.
Kardinal Sarah hebt weiter hervor, dass
heute eine Stärkung des katholischen Profils kirchlicher Hilfsorganisationen wichtig
ist. Die christliche Dimension ermögliche eine tiefere Einsicht in die Bedürfnisse
der Armen. Wörtlich schreibt er: „Es gibt viele menschenfreundliche Initiativen, aber
die katholischen Einrichtungen haben in diesem Bereich einen Pluspunkt: Sie weisen
auf Gott hin, der uns die wahre Liebe gelehrt hat, nämlich die Selbsthingabe“, so
der aus dem westafrikanischen Guinea stammende Kardinal. Eine Verbindung von Nothilfe
und Evangelisierung bedeute keineswegs, dass man die Augen vor der menschlichen Armut
schließe.
Der Päpstliche Rat „Cor Unum“ war am 15. Juli 1971 von Papst
Paul VI. mit dem Schreiben „Amoris Officio“ gegründet worden. Seine Aufgabe ist die
Koordinierung der karitativen Aktivität der katholischen Kirche sowie die Herausgabe
der Fastenbotschaft des Papstes. Mit Hilfe von „Cor Unum“ übergibt der Papst zudem
Spenden für die Katastrophenhilfe, wie zuletzt für die Opfer der Dürrekatastrophe
in Ostafrika.
Seine heutige Gestalt erhielt der Rat im Zuge der Kurienreform
Johannes Pauls II. von 1988. Diese sah ursprünglich jedoch vor, dass der Rat in Personalunion
mit dem päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden geleitet wird.
Von
dieser Praxis wich Johannes Paul II. im Jahr 1995 mit der Ernennung des vormaligen
Paderborner Weihbischofs Paul Josef Cordes ab. Der 2007 zum Kardinal berufene Cordes
leitete „Cor Unum“ bis zum Oktober 2010. Seither steht Robert Sarah an der Spitze
der Kurienbehörde.