Der Frankfurter Kapuziner und Buchautor Paulus Terwitte wünscht sich mehr Kontrollmechanismen
innerhalb der EU. Das sagte er am Donnerstag dem Kölner Domradio. Die Finanzkrise
führe der Gemeinschaft schmerzlich vor Augen, dass es beim europäischen Projekt nicht
nur um eine Friedensvision gehe.
„Die große Vision von Europa ist eine
biblische Vision. Die Sterne um das Euro-Zeichen zeigen, dass es eine Gemeinschaft
geben kann, in der jeder Selbstständigkeit behält und wo man trotzdem gemeinsam unterwegs
ist. Dass man in einer Gemeinschaft kritisieren und dem anderen auch auf die Finger
gucken muss, hat man offensichtlich vergessen. Zur Liebe gehört auch die Gerechtigkeit
und die Wahrheit, sage ich immer. Man wusste, dass Italien, Griechenland und auch
Island auf tönernen Füßen stehen. Trotzdem hat man auf dem Weg hin zu einer europäischen
Gemeinschaft das übersehen, wie man jetzt sagen muss. Jetzt müssen alle daran und
die Wahrheit ans Licht bringen.“
Christliche Nächstenliebe bedeute nicht,
die Gerechtigkeit über Bord zu werfen, so der bekannte Kapuzinerbruder mit Blick auf
Griechenland:
„Es ist deutlich, dass in Griechenland und in anderen Ländern
auch deutsche Banken verquickt sind und wenn dort in Griechenland ein Schaden kommt,
dann sind natürlich auch deutsche Institute davon betroffen. Man muss aufpassen, dass
man jetzt nicht Griechenlandhilfe sagt und eigentlich meint Hilfe für deutsche Kreditinstitute.
Man muss einfach die Wahrheit ans Tageslicht bringen. Und es muss gerecht zugehen.
Es kann einfach nicht sein, dass man einem Land unverhältnismäßig viel unter die Arme
greift, das schlecht gewirtschaftet hat, ohne dass man politische Konsequenzen dort
fordert, und ein anderes Land wird eben nicht entsprechend gefördert. Hier muss wirklich
auf die Gerechtigkeit und die Wahrheit geachtet werden, damit die Liebe – wenn es
denn so etwas gibt wie Liebe zwischen Ländern der europäischen Gemeinschaft – damit
die wirklich zum Zuge kommt.“