2011-07-08 11:48:28

D: Bischöfe und Laien. Gemeinsam in die Zukunft


RealAudioMP3 Die Kirche in Deutschland macht sich auf den Weg. „Im Heute glauben – wo stehen wir“ ist der Titel der Auftaktveranstaltung zu einem Gesprächsprozess, der fünf Jahre dauern soll. An diesem Freitag und Samstag versammeln sich dazu in Mannheim 300 Ehren- und Hauptamtliche aus allen deutschen Bistümern. Die Deutsche Bischofskonferenz lädt ein, will mit Geistlichen, Ordensleuten und engagierten Laien über den Glauben und die Zukunft der Kirche diskutieren. Auf der Vollversammlung im Herbst 2010 wurde diese Dialoginitiative beschlossen.

Nach der Unruhe…

Der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx ist Mitglied der Steuerungsgruppe des Prozesses. Die Unruhe in der Kirche in Deutschland und die Debatte nach der Aufdeckung der Missbrauchsfälle sei der äußere Anlass für die Initiative der Bischöfe gewesen. Birgit Pottler hat mit ihm gesprochen:

„Wir sind ja schon seit vielen Jahren in der Diskussion darüber, wie können wir in einer pluralen Gesellschaft und angesichts einer neuen Herausforderung Kirche sein. Aber das hat eine gewisse Dringlichkeit bekommen. Natürlich müssen die Bistümer in ihren eigenen Bereichen und die Bischöfe in ihrer eigenen Verantwortung das tun, was sie für richtig halten. Aber ich glaube, wir müssen auch als Kirche in Deutschland einen solchen Selbstvergewisserungsweg gehen, damit wir uns auch neu auf den Weg machen, um das Evangelium zu verkünden.“

Eine Art Würzburger Synode II also? Nein, ein neues Beschlussgremium zur Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils ist nicht geplant.

„Nein, das sollte es nicht sein. Eine Synode ist gerade nicht gewünscht. Es geht wirklich um einen geistlichen Vergewisserungspunkt, dass wir auch als Bischöfe einmal Hörende sind. Wir müssen lehren und lernen, wir müssen sprechen und hören.“

Hören, nicht beschließen

Angst vor den so genannten heißen Eisen? Welche Themen dürfen denn angesprochen werden? Was darf diskutiert werden? Die Katholische Frauengemeinschaft startet den Dialog mit der Aussage „Die Zulassung zum Diakonat ist längst überfällig“. Der Dachverband der katholischen Jugendverbände in Deutschland, der BDKJ, erwartet sich immerhin eine Veränderung der Gesprächskultur. Die ist ein wichtiger Punkt – auch für Kardinal Marx:

„Gesprächskultur in der Kirche bedeutet, immer vom Communio-Gedanken auszugehen, von der Einmütigkeit, von der Suche nach Einmütigkeit. Natürlich gibt es auch Streit in der Kirche, das ist ja in der ganzen Geschichte der Kirche der Fall gewesen. Es ist eine naive Sicht, zu meinen, es habe in der Kirche nie Auseinandersetzungen gegeben.

„Natürlich gibt es auch Streit.
Das ist immer der Fall gewesen.“

Es gibt ein gemeinsames Ringen, aber es muss ein geistliches Ringen sein. Deshalb glaube ich, ist es nicht gut, wenn bestimmte Gruppen Forderungen aufstellen, was geschehen muss. Wir müssen uns erst einmal geistlich vergewissern: was ist die Mitte unseres Glaubens, was macht uns Freude im Glauben, warum sind wir Christen, warum möchten wir, dass der Glaube weiter gegeben wird?“

Es geht um das Evangelium.
Nicht um politische Forderungen

Auf diese „geistliche Dimension“ des Prozesses legt die Bischofskonferenz wert. „Das heißt aber nicht, dass nicht auch die Themen angesprochen werden, die jeden bewegen. Aber sie müssen sich einordnen in den gemeinsamen Weg. Deshalb haben wir in der Vorbereitung, in der ganzen Organisation und Planung einen Schwerpunkt auf diese geistliche Dimension gelegt, ohne dass geistlich bedeutet, man darf nicht offen auch kontrovers miteinander sprechen. Das, glaube ich, ist ein Missverständnis von geistlicher Dimension.“

Fragen, Fragen, Fragen

Die Verbände und Gruppierungen sagen ja zu einer geistlichen Erneuerung. Das Image- und Vermittlungsproblem der katholischen Kirche sei nicht ihr Einziges, sagt BDKJ-Diözesanvorsitzender Dirk Tänzler. Glaubenswissen sei auch innerhalb der Kirche verloren gegangen und kirchliche Gruppierungen müssten wieder mehr aus dem Glauben heraus handeln. Viele Fragen, die in Mannheim und den Folgejahren gestellt werden, bräuchten aber auch konkrete Antworten und Lösungen. Tänzler:
„Es gibt unter anderem die Frage: Können wir nicht auch unseren Priester vor Ort mitbestimmen. Wie weit können Laien Verantwortung übernehmen? Das sind Rückmeldungen, die wir von Verbänden und aus Gemeinden bekommen, die über das Geistliche hinausgehen.“

Wegmarken für den Gesprächsprozess sind der Papstbesuch 2011 in Deutschland, der Katholikentag 2012 in Mannheim, der Nationale Eucharistische Kongress 2013 in Köln, der Katholikentag 2014 und das Jubiläum zum 50. Jahrestag des Abschlusses des Zweiten Vatikanischen Konzils 2015. Motor des Prozesses, das betont die Deutsche Bischofskonferenz, sollen nicht neue und zusätzliche Veranstaltungen sein, sondern die in den Bistümern schon bestehenden Gesprächsforen.

Die Arbeit geht weiter.
Miteinander

Das zweitägige Dialogforum in Mannheim ist ein Auftakt. Es soll keine bahnbrechenden Reformen liefern, sondern bei der Routenplanung für den Gesprächsweg „in die Zukunft hinein“ helfen. „Da beginnt die Arbeit natürlich danach“, versichert der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, Mitglied der Steuerungsgruppe und mitverantwortlich für den weiteren Verlauf. „Es nützt uns nichts, nur immer große Veranstaltungen zu haben. Die brauchen auch eine gewisse geistliche Nachhaltigkeit. Dafür müssen wir mit Sorge tragen. Das wird unsere Aufgabe danach sein, das ist klar. Die Arbeit geht weiter.“

Das Gefühl der Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche müsse neu gefunden werden, bestätigt auch der BDKJ-Vorsitzende Dirk Tänzler. Es sei gut, dass Benedikt XVI. im September Deutschland besuche. Der Dialogprozess müsse auch auf einer weltkirchlichen Ebene betrachtet werden.

„Der Missbrauchsskandal in Deutschland hat zu einer großen Identitätskrise geführt, auch bei jungen Menschen. Das hat aber nicht zwingend etwas mit Papst Benedikt XVI. zu tun. Er hat sich in vielerlei Fragen sehr klar und deutlich positioniert. Und deswegen ist es uns wichtig, jetzt noch einmal einen Aufbruch zu schaffen, eine Neuvergewisserung. Dazu gehören die Gespräche in Mannheim, die Gespräche in den Diözesen, dazu gehört der Weltjugendtag aber auch der Papstbesuch im September.“

Mutmacher Benedikt XVI.

Benedikt XVI. soll noch vor seiner Reise nach Deutschland über den Gesprächsprozess informiert werden. Sozusagen über die Situation der Kirche in seinem Heimatland „auf den letzten Stand gebracht werden“.

„Ich erwarte mir vor allen Dingen, dass der Heilige Vater uns Mut macht, uns als Kirche in Deutschland, die doch eine so reiche Tradition und auch noch so viel geistliche Kraft hat, so viele Möglichkeiten, so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so viele Ehrenamtliche, dass er uns Mut macht, nicht zu resignieren, sondern gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit das Evangelium zu verkünden. Und die Menschen warten ja auch darauf, auch wenn sie es manchmal selber nicht wissen.

„Wir müssen uns auf die Socken machen“

Was uns Jesus im Evangelium sagt, die Offenbarung dieses Gottes, den Jesus seinen Vater genannt hat, ist so einzigartig, dass wir wirklich uns auf die Socken machen müssen, auch unsere Sendung wahrzunehmen. Die Kirche wird sich dann erneuern, wenn sie ihren Auftrag vom Herrn wahrnimmt, wenn sie ihre Arbeit tut. Dann wird sie sich von selber erneuern.“

(rv 07.07.2011 bp)








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