Ein Dammbruch für
das Lebensrecht in Deutschland – das ist aus Sicht der katholischen Kirche die Entscheidung
des deutschen Bundestages von diesem Donnerstag. Die Abgeordneten erlaubten Gentests
an Embryonen. Das Verfahren dazu heißt Präimplantationsdiagnostik, kurz PID; es geht
um Untersuchungen an Embryonen, die bei der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas
gezeugt wurden. Paare, die die Veranlagung zu einer schweren Erbkrankheit in sich
tragen oder denen eine Fehl- oder Totgeburt droht, sollen in Deutschland künftig das
Recht haben, die künstlich gezeugten Embryonen untersuchen zu lassen und dann jene
zu „verwerfen“, die Anzeichen von Krankheit tragen.
Die Abgeordneten votierten
damit mehrheitlich für den liberalsten der drei eingebrachten Anträge. Er verbietet
PID, erlaubt sie aber doch in eng umschriebenen Grenzen. Über diese Ausnahmen soll
eine Ethikkommission entscheiden. Der fraktionsübergreifende Antrag wurde von der
FDP-Abgeordneten Ulriche Flach eingebracht. Er erhielt 326 Stimmen. Dagegen votierten
260 Abgeordnete, es gab acht Enthaltungen. Der Fraktionszwang wurde für diese Abstimmung
aufgehoben. Der Antrag, der ein komplettes Verbot der PID ohne Ausnahmen vorsah und
den die katholische Kirche unterstütze, erhielt 260 Stimmen.
Mit der
Entscheidung im Bundestag ist „eine Tür aufgemacht, die wir nicht wieder zukriegen“,
sagte uns in einer ersten Stellungnahme die Ärztin und Lebensrechtlerin Claudia Kaminski,
Präsidentin der Aktion „Alfa – Lebensrecht für alle“.
„Wir haben es ja
am Beispiel der Pränataldiagnostik gesehen. Die soll ja auch in engen Grenzen und
unter strengen Auflagen passieren. Wir haben mittlerweile zwar noch nicht direkt die
Geschlechterselektion, aber wir haben die Selektion von Kindern mit Down-Syndrom,
die einfach nicht mehr geboren werden, wo es nur noch in drei oder vier Prozent der
Fällen überhaupt zum Austragen des Kindes kommt. Die Indikation für die Pränataldiagnostik
sind schleichend aufgeweicht worden, und das gleiche wird für die PID passieren.“
Die
Befürworter einer eng begrenzten Zulassung hatten unter anderem argumentiert, dass
mit der PID Spätabtreibungen vermieden werden könnten. Lebensrechtler bezweifeln das.
„Die Entwicklung in anderen Ländern, in denen PID schon erlaubt ist und
wesentlich freier gehandhabt wird, zeigt, zum Beispiel in Frankreich, dass es nicht
zu weniger Spätabtreibungen, sondern sogar zu mehr Spätabtreibungen kommt. Das liegt
daran, dass die PID gar nicht so sicher ist, wie das jetzt gemeinhin behauptet wird.
Die PID ist ja keine Garantie auf ein gesundes Kind und wird es nie sein können.“ (rv
07.07.2011 gs)