Als globalen Beobachter hat Papst Benedikt XVI. an diesem Dienstag den „Osservatore
Romano“ gewürdigt. Die Vatikanzeitung greife Ereignisse in der ganzen Welt auf, ohne
diese dabei jemals oberflächlich zu behandeln, lobte der Papst beim Besuch der Redaktion
der Zeitung, die am 1. Juli ihr 150-jähriges Bestehen feierte. Die Zeitung schreibe
sich damit ein in eine universale Perspektive, die charakteristisch für die katholische
Kirche sei, so der Papst in seiner frei gehaltenen Rede:
„Man sieht hier
etwas in dieser Übereinstimmung von „urbs et orbis“, die Charakteristikum der Katholizität
und in gewissem Sinne ein römisches Erbe ist: die Welt wirklich zu sehen, und nicht
nur sich selbst. (...) Der Osservatore bleibt nicht an der Oberfläche der Dinge, sondern
geht zu ihren Wurzeln, er zeigt die Wurzeln der Kultur, den Grund der Dinge.“ Daneben
rücke die Zeitung aber auch das jeweils lokale Umfeld ins Licht, „unsere kleine Welt,
die dennoch eine große Welt“ sei, fuhr der Papst fort. Sie gebe nicht nur „Informationen“
weiter, sondern sei echte „kulturelle Bildung“. Grundlage jeder journalistischer Arbeit
sei die Auswahl von Informationen; niemals könne man über alles berichten. Ebensowenig
gebe es die „reine Tatsache“, fuhr der Papst fort. Vielmehr entscheide stets die Auswahl
darüber, „was erscheint und was nicht“. Bei der katholischen Medienarbeit seien Gerechtigkeit
und Hoffnung aus Glauben Richtlinien, erinnerte Benedikt XVI.:
„Und diese
beiden Kriterien zusammen – die Gerechtigkeit, die jeden respektiert, und die Hoffnung,
die auch negative Dinge im Lichte göttlicher Güte erscheinen lässt, was uns Glaubensstärke
gibt – helfen dabei, eine wirklich menschliche, humanistische Berichterstattung zu
leisten.“ Im Jahr 1885 wurde der Osservatore zum Mitteilungsorgan des Heiligen
Stuhles. Gegründet wurde das Blatt allerdings schon früher: Die erste Ausgabe erschien
am 1. Juli 1861. Gründer waren zwei italienische Rechtsanwälte. Seit den 70-er Jahren
erscheinen zusätzlich zu der italienischen Tagesausgabe auch wöchentliche Ausgaben
in anderen Sprachen, seit 1971 auch auf Deutsch. Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums
empfinde er „Dankbarkeit“ und „berechtigten Stolz“, resümierte der Papst.
„Aufrichtige“
Berichterstattung „in Freiheit“
Die Vatikanzeitung habe auch in schweren
Zeiten stets aufrichtig und in Freiheit berichtet, hatte Benedikt ein Paar Tage zuvor
in einem Glückwunschschreiben an Chefredakteur Giovanni Maria Vian geschrieben, das
bereits am vergangenen Donnerstag veröffentlicht worden war. In dem Brief ging Benedikt
XVI. auf die Schrecken der Schoah und des Zweiten Weltkriegs sowie die kommunistische
Unterdrückung der Christen während des Kalten Krieges ein. Ausdrücklich hob der Papst
darin die Berichterstattung über den christlichen Nahen Osten, die Ökumene sowie den
christlich-jüdischen Dialog hervor. Weitere neue Akzente seien auch bioethische Themen
sowie eine stärkere Berücksichtigung der Stimme von Frauen.