Deutschlands Bischöfe
machen sich Gedanken zur sozialen Lage im Land. An diesem Montag stellte die Kommission
für gesellschaftliche und soziale Fragen der Bischofskonferenz ein Thesenpapier zum
Thema vor. „Chancengerechte Gesellschaft - Leitbild für eine freiheitliche Ordnung“
heißt das 38-seitige Dokument. „Die Gesellschaft muss sich am Leitbild der Chancengerechtigkeit
orientieren und allen Menschen Chancen eröffnen“, lautet eine der Forderungen des
Thesenpapiers. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Deutschlands „Sozialbischof“,
erklärte dem Kölner Domradio, dass die Kirche mit ihrem neuen Sozialwort auch den
Begriff „Freiheit“ zurückerobern möchten.
„Mich hat immer gestört, dass
das Thema Freiheit mit Kirche nicht ganz zusammenpasst, manche haben den Eindruck,
dass das ein Widerspruch ist. Dabei ist Freiheit im Grunde Ausdruck der Gottesebenbildlichkeit
des Menschen. Und daraus ergibt sich natürlich auch, wie man zusammenlebt, wie man
die Freiheit des anderen achtet; aber es ist erst einmal ein positiver Zugang zum
Menschen und zur Gesellschaft. Es ist wichtig, dass wir nicht ständig dastehen als
diejenigen, die das Negative sehen. Unser Menschenbild schaut auf die Möglichkeiten
des Menschen und will eine Gesellschaft aufbauen, wo jeder eine Chance hat.“
Im
Sozialwort gibt es auch einige konkrete Empfehlungen an die Politik in Deutschland,
sagte Marx. Im Grundsatz gehe es immer darum, wie Menschen ihre Freiheit in Verantwortung
leben können.
„Dazu gehört das Thema Bildung, vor allen Dingen auch die
frühkindliche Bildung: Dass Familien natürlich die erste Verantwortung haben, es aber
zunehmend doch auch Familien und Situationen gibt, wo Kinder die Chance bekommen,
die sie brauchen, um die Möglichkeiten, die in ihnen stecken, zu entfalten. Das Thema
Bildung ist ein Schlüsselthema für eine chancengerechte Gesellschaft.“
Ähnliches
gelte für das Thema Arbeit, betonte Kardinal Marx.
„Die Erwerbsarbeit bleibt
ein wichtiger Bereich, wo Menschen empfinden, ob sie frei sind. Das ist schon in der
klassischen Soziallehre so: ohne Arbeit keine Freiheit; denn dann fehlt auch die finanzielle
Grundlage dafür, sich zu entfalten. Also ist da eine ganz wichtige Notwendigkeit,
auch gesellschaftlich Rahmenbedingungen zu schaffen. Oder auf den einzelnen bezogen,
ihm zu helfen, in die Erwerbsarbeit hineinzufinden.“