2011-06-21 15:10:10

D: Flüchtlingskinder schlechter gestellt als Hartz IV-Empfänger


RealAudioMP3 Die Lebensbedingungen von Flüchtlingskindern in Deutschland sind alles andere als vorbildlich geregelt. Darauf verweist Kai Diekelmann im Interview mit dem Domradio Köln. Er ist bei der Caritas Köln für den Bereich Migration zuständig. Seit Deutschland im vergangenen Jahr endlich vorbehaltlos der UN-Kinderrechtskonvention zugestimmt habe, müssten Flüchtlingskindern in dem hoch entwickelten Industrieland eigentlich dieselben Rechte gewährt werden wie einheimischen Kindern. Das sei aber nicht der Fall, erklärt Diekelmann; so seien Flüchtlingskinder zum Beispiel in Deutschland materiell deutlich schlechter gestellt als andere Kinder.

„Wenn ihr Einkommen nicht durch Unterhalt der Eltern gesichert ist, bekommen deutsche Kinder mindestens den Hartz IV-Regelsatz. Flüchtlingskinder erhalten aber nicht einmal den Hartz IV-Satz, sondern nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz einen Regelsatz, der zu 54 Prozent niedriger ist als Hartz IV.“

Auch im Bereich der Bildung hätten Kinder von Flüchtlingen in Deutschland Nachteile – weniger, weil sie vielleicht die Sprache noch nicht perfekt beherrschen, sondern auch hier finanziell: erst nach vier Jahren erhielten sie Anspruch auf das so genannte Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten. Zumindest habe man inzwischen die Praxis der so genannten „Ketten-Duldung“ aufgebrochen. Nach dieser Praxis erhielten aktuell 80.000 Flüchtlinge in Deutschland über Jahre hinweg keine Aufenthaltserlaubnis, sondern nur eine jeweils wenige Monate gültige Aufenthaltsgenehmigung, eben „Duldung“. Das werde sich zumindest für einen Teil der minderjährigen Flüchtlinge bald ändern, begrüßt der Caritas-Sprecher.

„Ab 2012 sollen Kinder und Jugendliche mit guter Integrationsprognose dauerhaft bleiben können. Der demographische Wandel macht es quasi möglich, denn wir brauchen ja mehr Kinder und insbesondere solche mit guten Lernprognosen, quasi als Gnadenakt sollen dann auch die Eltern dieser Kinder bleiben dürfen. Geduldete ohne Kinder, Alte, Kranke oder Traumatisierte, die eine Duldung haben, werden aber weiterhin keine Chance auf ein dauerhaftes Bleiben haben. Eine solche Auslese von Menschen nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen tragen wir als Caritas nicht mit.“

Die UN-Kinderrechtskonvention sichert allen Kindern in den Vertragsstaaten Rechte zu, egal welche Muttersprache, Hautfarbe oder Staatsangehörigkeit die Kinder haben. Deutschland habe der Kinderrechtskonvention lange Jahre nur unter ausländerrechtlichem Vorbehalt zugestimmt, so der Caritas-Fachmann. Dadurch sei es möglich gewesen, die Rechte insbesondere der Flüchtlingskinder einzuschränken. Insgesamt zieht der Caritas-Sprecher ein negatives Fazit zu den Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland:

„Leben als Flüchtling hier in Deutschland heißt Unterbringung auf allerengstem Raum in kommunalen Flüchtlingsheimen, nicht selten unter unwürdigen hygienischen Bedingungen und ohne Privatsphäre, völliges Arbeitsverbot im ersten Jahr, danach nur bedingte Arbeitserlaubnis. Sie haben keinen Recht auf einen Deutschkurs, haben nur minimale materielle Versorgung, medizinische Versorgung gibt es nur bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen, dazu kommt die Angst vor der Ausweisung und Abschiebung. All das macht die Flüchtlinge mürbe und depressiv, untergräbt ihr Selbstwertgefühl und lässt ihren Lebenswillen verkümmern.“

(domradio 21.06.2011 pr)







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