D: Flüchtlingskinder schlechter gestellt als Hartz IV-Empfänger
Die Lebensbedingungen
von Flüchtlingskindern in Deutschland sind alles andere als vorbildlich geregelt.
Darauf verweist Kai Diekelmann im Interview mit dem Domradio Köln. Er ist bei der
Caritas Köln für den Bereich Migration zuständig. Seit Deutschland im vergangenen
Jahr endlich vorbehaltlos der UN-Kinderrechtskonvention zugestimmt habe, müssten Flüchtlingskindern
in dem hoch entwickelten Industrieland eigentlich dieselben Rechte gewährt werden
wie einheimischen Kindern. Das sei aber nicht der Fall, erklärt Diekelmann; so seien
Flüchtlingskinder zum Beispiel in Deutschland materiell deutlich schlechter gestellt
als andere Kinder.
„Wenn ihr Einkommen nicht durch Unterhalt der Eltern
gesichert ist, bekommen deutsche Kinder mindestens den Hartz IV-Regelsatz. Flüchtlingskinder
erhalten aber nicht einmal den Hartz IV-Satz, sondern nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz
einen Regelsatz, der zu 54 Prozent niedriger ist als Hartz IV.“
Auch im
Bereich der Bildung hätten Kinder von Flüchtlingen in Deutschland Nachteile – weniger,
weil sie vielleicht die Sprache noch nicht perfekt beherrschen, sondern auch hier
finanziell: erst nach vier Jahren erhielten sie Anspruch auf das so genannte Bildungs-
und Teilhabepaket für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten. Zumindest habe man
inzwischen die Praxis der so genannten „Ketten-Duldung“ aufgebrochen. Nach dieser
Praxis erhielten aktuell 80.000 Flüchtlinge in Deutschland über Jahre hinweg keine
Aufenthaltserlaubnis, sondern nur eine jeweils wenige Monate gültige Aufenthaltsgenehmigung,
eben „Duldung“. Das werde sich zumindest für einen Teil der minderjährigen Flüchtlinge
bald ändern, begrüßt der Caritas-Sprecher.
„Ab 2012 sollen Kinder und Jugendliche
mit guter Integrationsprognose dauerhaft bleiben können. Der demographische Wandel
macht es quasi möglich, denn wir brauchen ja mehr Kinder und insbesondere solche mit
guten Lernprognosen, quasi als Gnadenakt sollen dann auch die Eltern dieser Kinder
bleiben dürfen. Geduldete ohne Kinder, Alte, Kranke oder Traumatisierte, die eine
Duldung haben, werden aber weiterhin keine Chance auf ein dauerhaftes Bleiben haben.
Eine solche Auslese von Menschen nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen tragen wir als
Caritas nicht mit.“
Die UN-Kinderrechtskonvention sichert allen Kindern
in den Vertragsstaaten Rechte zu, egal welche Muttersprache, Hautfarbe oder Staatsangehörigkeit
die Kinder haben. Deutschland habe der Kinderrechtskonvention lange Jahre nur unter
ausländerrechtlichem Vorbehalt zugestimmt, so der Caritas-Fachmann. Dadurch sei es
möglich gewesen, die Rechte insbesondere der Flüchtlingskinder einzuschränken. Insgesamt
zieht der Caritas-Sprecher ein negatives Fazit zu den Lebensbedingungen von Flüchtlingen
in Deutschland:
„Leben als Flüchtling hier in Deutschland heißt Unterbringung
auf allerengstem Raum in kommunalen Flüchtlingsheimen, nicht selten unter unwürdigen
hygienischen Bedingungen und ohne Privatsphäre, völliges Arbeitsverbot im ersten Jahr,
danach nur bedingte Arbeitserlaubnis. Sie haben keinen Recht auf einen Deutschkurs,
haben nur minimale materielle Versorgung, medizinische Versorgung gibt es nur bei
akuten Krankheiten und Schmerzzuständen, dazu kommt die Angst vor der Ausweisung und
Abschiebung. All das macht die Flüchtlinge mürbe und depressiv, untergräbt ihr Selbstwertgefühl
und lässt ihren Lebenswillen verkümmern.“