„Das Verkaufsobjekt
befindet sich im westlichen Frankfurter Stadtrand (…) bestehend aus einer Kirche mit
Kirchturm und einem Kindergarten. S-Bahn Anschluss, Bus Haltestelle, Anschluss an
die A 66. Das Grundstück liegt in einem einfachen Wohngebiet, bestehend aus Geschosswohnungsbauten
der fünfziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts.“
Anzeigen dieser
Form findet man inzwischen oft im Internet. Laut deutschen Medienberichten ist die
Zukunft von 33.000 protestantischen und katholischen Kirchengebäuden in Deutschland
ungewiss. Es fehlt schlicht das Geld für die laufenden Kosten, die ein Kirchengebäude
verursacht. Die Folge: Katholische Kirchen werden entweiht und danach verkauft oder
abgerissen. Jedes Bistum verfolgt beim Kirchenverkauf seine eigene Strategie. Doch
ist der Kirchenverkauf zur Entlastung des Bistumshaushaltes wirklich die beste Lösung?
Eine Mitarbeiterin des Bistums Hildesheim ist Monika Tontsch. Sie ist im Bistum für
die Denkmalpflege zuständig. Wenn eine Kirche geschlossen wird, kümmert Tontsch sich
um die Kult- und Kunstgegenstände, die zurückbleiben. Sie plädiert für Gemeinschaftsnutzungen
anstatt Verkauf und erinnert sich an Projekte, die ihr als besonders gelungen erscheinen:
„Es
gibt eine ganze Bandbreite an Erfahrungen, die ich da eigentlich habe, zwei Projekte
die ich nennen möchte sind, wo die Kirchen in Kindergärten umgenutzt wurden, was ich
beide Male sehr interessant und spannend fand. (...) das eine Mal war es eine Kirche,
die hat die politische Gemeinde von der Stadt von der Kirche gekauft, um dort in diesem
Gebäuden einen Kindergarten einzurichten und das Zweite ist ein Projekt unseres eigenen
Hauses. Der Kindergarten lag nebenan, der war zu klein, der brauchte einfach größerer
Räumlichkeiten und dann sind in diesem Kirchenraum die Kindergartenräume eingerichtet
worden.“
Der Verkauf und die Umnutzung von Kirchenräumen organisiert bisher
jedes Bistum im Alleingang. Tontsch sieht das durchaus kritisch:
„Da würde
ich mir noch wünschen, dass da auch mal eine von der Bischofskonferenz organisierte
Tagung stattfinden würde. In der Öffentlichkeit wird es ja inzwischen recht breit
wahrgenommen und es gibt inzwischen auch eine andere Wahrnehmung in der Kirche. Ich
denke, im engeren Kreis in der deutschen Bischofskonferenz, zusammen mit Experten,
sollte man dieses Thema noch einmal vertiefen.“
Doch nicht nur im Rahmen der
Bischofskonferenz spielt das Thema bisher eine untergeordnete Rolle, auch katholische
Theologen haben sich hauptsächlich mit Aspekten der Entweihung beschäftigt, aber kaum
mit dem was danach kommt. Ein Vorreiter auf dem theoretischen Gebiet der Kirchenumnutzung
ist der evangelische Religionssoziologe Prof. Dr. Gert Pickel von der Universität
Leipzig. Er sieht hier ein Umdenken in den Bistümern, gerade was die Außenwirkung
eines Verkaufs oder Abriss anbelangt:
„Wenn ich also Kirchen abgebe werde ich
nach Außen das Verlustbild ja nur verstärken. Das ist das Signal was der noch zur
Kirche gehörende Gläubige, und das sind ja dann doch nicht so wenige, sieht und da
weiß man natürlich nicht, wie die Auswirkung ist, in Westdeutschland haben wir zwar
nicht mehr so wahnsinnig viele Kirchengänger aber immerhin doch noch fast vierzig
Prozent Mitglieder in der katholischen Kirche und wie die natürlich sehen, es ist
ein dauerhafter Rückgangsprozess wird sich das in den Säkularisierungsprozess einpflegen
und gerade bei den jüngeren Generationen dann auch dazu führen, dass die Distanz weiter
getrieben wird, weil es letztendlich natürlich auch ganz wichtig ist, was für ein
Bild man hat, ob man das Gefühl hat, also Kirche im dem Sinne ist auch etwas wo etwas
für die Gesellschaft wichtiges passiert oder wo man sagte, dass brauche ich eigentlich
für meinen Lebensalltag nicht mehr und da ist natürlich die Symbolik nicht ganz zu
unterschätzen.“
Gerade die Symbolik und Identifikationskraft des Kirchengebäudes
könnte sich, laut Prof. Pickel, für Projekte zur Neuevangelisierung anbieten. Durch
gemeinsame Umnutzungskonzepte mit protestantischen Gemeinden oder städtischen Einrichtungen
wäre es möglich, Menschen in die Kirche zu holen, die sie sich ansonsten nur von Außen
ansähen. Denn Kirchenverkäufe oder Abrisse sind für fast alle Menschen einer Stadt
vor allem eines: ein Kulturverlust.