2011-06-17 15:14:35

Griechenland: Erzbischof, „Politik hat EU 30 Jahre lang ausgenutzt”


RealAudioMP3 Griechenlands Politik hat die EU jahrelang nur ausgenutzt und erntet jetzt, was es mit seiner Untätigkeit gesät hat. So analysiert der katholische Erzbischof von Athen, Nicolas Foskolos, die Ursachen der tiefen wirtschaftlichen Krise seines Landes. Doch nicht nur die Spitzen der Gesellschaft, auch die breite Masse seiner Landsleute habe zu der Krise beigetragen, sagt der Erzbischof von Athen im Gespräch mit uns.

„Vielleicht hatte man eine falsche Vorstellung von der europäischen Union. Viele Jahre lang hat das Volk die EU als „Milchkuh“ betrachtet: Man bekommt Geld und tut nichts dafür. Dasselbe gilt für die höhere Ebene. Seit Griechenland 1981 in die Europäische Gemeinschaft, später EU, eingetreten ist, haben unsere Politiker Geld erhalten, aber nichts zur Entwicklung des Landes getan, wie es in den europäischen Direktiven vorgesehen wäre.“

Dass sich die Lage in Griechenland durch eigene Anstrengungen wieder entspannt, darauf hofft der Erzbischof von Athen nicht mehr. Er hält in der verfahrenen Situation harte Bandagen Brüssels für wirksamer.

„Wenn von Seiten der EU nicht ernsthafte Maßnahmen gesetzt werden, wird Griechenland leider eine Art Kolonie Europas werden. Wenn es wirklich die anderen sind, die für uns entscheiden, würde mich das als Griechen sehr treffen. Aber ich denke wirklich, dass das Land nur auf diese Weise aus seinen Schwierigkeiten heraus findet.“

Die katholische Kirche in Griechenland ist eine winzige Minderheit von einem halben Prozent, rund 50.000 Menschen der elf Millionen Einwohner, die zumeist der griechisch-orthodoxen Kirche angehören. Allerdings beobachtet der Erzbischof eine bemerkenswerte Zunahme der Katholiken aufgrund der Migration.

„Einige sprechen von 300.000 Personen – Flüchtlinge und Asylsuchende. Sie sind in ganz Griechenland verstreut, viele bitten uns um Hilfe. Die Caritas von Athen hat ein eigenes Flüchtlingsbüro eingerichtet, außerdem sind Mutter Theresa-Schwestern da. In den letzten Monaten haben wir festgestellt, dass zunehmend auch Griechen um Hilfe bitten, weil sie nichts zu essen haben. Jeden Tag werden es mehr. Die Pensionen und Gehälter fallen im Wert, und die, die gestohlen haben, zahlen nichts bis heute.“

Soeben hat Athen ein neues Sparpaket vorgestellt, das bis 2015 insgesamt 28 Milliarden Euro durch neue Steuern und Ausgabenkürzungen aufbringen soll, sowie gleichzeitig 50 Milliarden Euro durch Privatisierungen. Griechenland ist derzeit das Land mit der niedrigsten Kreditwürdigkeit weltweit.

(rv 17.06.2011 gs)








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