2011-06-14 13:36:56

Italien: Volksabstimmung ist „Provokation für Politik”


RealAudioMP3 95 Prozent gegen Pläne von Ministerpräsident Silvio Berlusconi: Das ist das Ergebnis einer zweitägigen Volksabstimmung in Italien. Abgelehnt wurden der angestrebte Wiedereinstieg in die Atomenergie, Pläne zur Privatisierung der Wasserversorgung und ein Gesetz, das führenden Politikern weitgehend vor Strafverfolgung schützen sollte. Da rund 57 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilnahmen, ist das Referendum gültig.

„Schlappe“ oder „Ohrfeige für Berlusconi“ titeln links- wie rechtsgerichtete Zeitungen. Von einem „Sieg der Bürger“ sprachen am Montagabend verschiedene Oppositionspolitiker. Ähnlich sieht das auch der Präsident der katholischen Laienvereinigung „Azione Cattolica“, Franco Miano. Die Katholiken hätten entscheidend zum Ausgang des Referendums beigetragen.

„Das war ein interessantes und wichtiges Zeichen, dass die Bürger sich einige Fragen zu Eigen gemacht haben, in denen sie die Politik als abgehoben wahr nehmen. Das ist Kritik an der Tatsache, dass die Politik sich zu weit von dem entfernt hat, was die Bürger beschäftigt und ihnen Sorgen macht. Das Ergebnis zeigt auch: Die Katholiken in Italien können immer mehr dazu beitragen, das öffentliche Gewissen zu stärken.“

Die Bischöfe des Landes hatten zur Teilnahme an der Abstimmung animiert. Im Gegensatz zu Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Er hatte zum Boykott des Referendums aufgerufen. Katholische Zeitungen hatten im Vorfeld Fragen wie demokratische Freiheit, Gemeinwohl und Schöpfungsverantwortung thematisiert. Erstmals seit 1995 wurde die nötige 50-Prozenthürde bei einer Volksabstimmung genommen:

„Die Katholiken haben entscheidend dazu beigetragen, das Quorum zu erreichen. Es gibt eine Sensibilität, eine besondere Aufmerksamkeit, die gerade aus dem Leben der Verbände und Gemeinschaften erwächst. Hier geht es darum, vertretene Prinzipien ganz konkret umzusetzen. Das Referendum ist letztendlich die Übersetzung, die Übertragung großer Prinzipien ins Konkrete.“

Der Bürgerwille dürfe nicht missachtet werden, erklärte Berlusconi. Italien müsse sich jetzt auf erneuerbare Energien konzentrieren. Doch die Politik insgesamt müsse mehr dem „Wunsch der Bürger und dem Wohl der Bürger entsprechen“, mahnt Azione Cattolica-Präsident Miano. Im Gespräch mit Radio Vatikan fordert er zwar nicht – so wie italienische Oppositionsparteien – den Rücktritt Silvio Berlusconis, aber er stellt klar:

„Ein solches Abstimmungsergebnis hat sicherlich auch politische Bedeutung. Wir haben eine umfassende Sicht von Politik. Zur Politik gehören immer auch einige große Themen, denen sie sich stellen muss, von denen sie sich hinterfragen lassen muss. Das Ergebnis ist eine Provokation – auch für die Politik. Das ganz sicher.“

Auch Kardinal Agostino Vallini äußerte sich zu Wahl am Sonntag. In einem Interview mit der Tageszeitung „La Stampa“ betonte er, dass er sich über die rege Wahlbeteiligung freue. Trotz der nicht ausreichenden Berichterstattung in den Medien würden die Menschen diese Themen als wichtig empfinden. Berlusconi dürfte also auch in den konservativen Kreisen der Bevölkerung mit zukünfig weniger Zustimmung rechnen.


(rv/sir 14.06.2011 bp)








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