Österreich: Islam und Europa, „Schaut auf die Fakten“
Und wie hältst du
es mit den Gesetzen? Und den Menschenrechten? An ganz konkreten Fragen und Antworten
muss sich das Verhältnis von Muslimen und Europäern messen. So könnte man die Empfehlungen
des Wiener Religionsrechtlers Richard Potz auf den Punkt bringen; er äußerte sich
zusammen mit Islamwissenschaftlern und Sprechern der Islamischen Glaubensgemeinschaft
Österreich am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion in Wien. Das vom Wiener Cartellverband
organisierte Gespräch stand unter dem Titel „Islamische Werte für Europa?“ Werte sind
wichtig, das weiß auch Potz, aber sie müssen sich in Handeln übersetzen:
„Wenn
man schon diesen Wertebegriff verwendet als Instrument, dann muss man von einer Schieflage
ausgehen, die darin besteht, dass es aus europäischer Sicht unveräußerliche Positionen
in den Grundrechten gibt, wo die Rückfrage dem Islam – und nicht nur dem Islam – zu
stellen ist: Wie hältst du es damit? Die Europäische Union kann man vielleicht fragen:
Wie hält sie es mit der Religion, und eben die anderen Religionsgemeinschaften: Wie
haltet ihr es mit dem europäischen, politischen Werteverständnis?“
Die
überwiegende Mehrheit der Muslime erkenne die positiven Seiten der Demokratie an.
Andererseits gebe es nach wie vor „Widersprüche und Sperrigkeiten“, die man auch benennen
müsse, so Potz. Bestehende Probleme dürften nicht verdrängt werden, so der Religionsrechtler
mit Verweis auf die EU-Studie „Islam in Europa“, die unter anderem die Kopftuch-Frage
und den Religionsunterricht als reale Probleme herausgestellt, den Moscheebau jedoch
als kein reales Problem beschrieben hat. Dass es weniger ums Reden als denn ums Handeln
gehen muss, darin stimmt die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich,
Carla Amina Baghajati, mit Potz überein:
„Für noch entscheidender halte
ich es aber, dass solche Diskussionen ein Ansporn sind, nicht nur den Dialog der Worte,
sondern vor allem den Dialog des Handelns zu suchen. Und hier zitiere ich ein Papstwort,
das der verstorbene und von Muslimen sehr geschätzte Papst gesagt hat: Und ich hoffe,
dass das ein Weg ist, der in der gelebten Praxis überwinden hilft all das, was es
an Polemiken gibt, Abgrenzungstechniken und an Popolismen. Leider auch wenn etwas
nicht stimmt, aber oft genug wiedergekäut wird, all diese Sager, die islamfeindlich
einzustufen sind. Wir müssen dagegen steuern und durch unser Handeln zeigen: Wir sind
für eine Gesellschaft, wir haben gemeinsame Werte, wir haben ein gemeinsames Ziel,
nämlich das friedliche, respektvolle Zusammenleben und nicht das Nebeneinander-Leben.“
Muslime müssten sich stärker in die Pflicht nehmen lassen und fragen,
was sie Europa eigentlich anzubieten haben, so Baghajati weiter. Das könne auch zum
Abbau von Vorurteilen beitragen. Wenn man sich als Muslima oder als Muslim zugleich
als Europäer begreifen wolle, müsse eine Bedingung erfüllt sein, so die Sprecherin
der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich: das Bekenntnis „zu Werten wie
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Menschenrechten“.