Fazit: „Eine Reise, auf der sich der Papst besonders zu Hause fühlt“
Papst Benedikts 19.
Apostolische Reise neigt sich langsam ihrem Ende zu. Nach der Messe mit Familien in
der Zagreber Pferderennbahn an diesem Sonntag betet Benedikt XVI. in der Kathedrale
am Grab des seligen Kardinals Aloijzije Stepinac, am Abend geht es nach einer Abschiedszeremonie
am Flughafen wieder zurück nach Rom. Höhepunkte des Vortages waren Treffen mit Vertretern
aus Zivilgesellschaft, Politik, Kultur und Religion und eine Gebetsvigil mit Jugendlichen
auf dem zentralen Jelačić-Platz. Unsere Korrespondentin Anne Preckel mit einem ersten
Fazit zur Papstreise in Kroatien.
"Das ist eine Reise, auf der sich Papst
Benedikt besonders zu Hause fühlt", unterstrich Vatikansprecher Pater Federico Lombardi
am Samstag nach dem ersten Reisetag. Und das könnte man in der Tat wohl als Grundtonus
bezeichnen: Der Papst wirkte gelöst, und seine Worte scheinen in Kroatien auf fruchtbaren
Boden zu fallen (was ja in Europa nicht immer der Fall ist). Groß und irgendwie
rührend ist die Begeisterung der kroatischen Gläubigen, die schon seit Wochen inbrünstig
beten und alles aufzusaugen scheinen, was der Papst ihnen sagt. Durchweg positiv ist
auch das Echo in den kroatischen Medien; einige Zeitungen haben große Beilagen zur
Papstreise produziert und Teile der Papstansprachen noch einmal abgedruckt. Aus den
Kommentaren und Ansprachen von Kirchenvertretern und Politikern vor und während der
Reise hört man heraus, d ass die Visite gerade zu diesem Zeitpunkt Balsam für
so manche Wunde ist, die - inzwischen weniger aus der jüngeren Kriegsvergangenheit
des Landes herrührt - als vielmehr von den letzten Jahren, in denen Kroatien viele
Hürden nehmen und viele Schläge einstecken musste: ob Justiz- und Wirtschaftsreform
oder die internationalen, "Den Haager" Standards der Vergangenheitsbewältigung - Kroatien
musste sich wandeln, alte Strukturen über Bord werfen. Obwohl es doch grade erst zarte
20 Jahre lang unabhängig ist; der Heilige Stuhl war wohlgemerkt schon damals "Hebamme".
Dass diese Veränderungen weh tun, Angst machen und aufs kroatische Selbstbewusstsein
drücken, das hat Papst Benedikt verstanden. Und deshalb hat er den Kroaten Mut gemacht:
Mut für Europa, zu dem das Land - so der Papst - kulturell und historisch "von je
her" schon gehört. Und Mut für die Fortführung und Weiterentwicklung des eigenen,
reichen kulturellen Erbes, in dem das Christentum noch viel selbstverständlicher als
in anderen Ländern verwurzelt ist. Die Familien - Herzstück von Benedikts Visite war
ja der Nationale Familientag - stellen sich hier als Dreh- und Angelpunkt der Gesellschaft
dar, die Kirche als ihr Fürsprecher, mehr noch als der Staat. Aufmerken ließ die "Lobrede"
des kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic, selbsterklärter Agnostiker und ehemaliges
Mitglied in der kommunistischen Partei (SKH - damals Teil der kommunistischen Partei
Jugoslawiens), auf die Universale Kirche: Deren Wirkung ginge über die nationale Idee
hinaus, ja sei Beitrag zum Wohl der Menschen als Individuum mit freiem Willen.
Zu
den Zwischentönen, denn die gibt es hier natürlich auch: Interessant ist, dass öffentliche
Kritik zum Thema kirchliches Leben - wenn sie dann mal auftaucht - nicht am Papstbesuch
geäußert wird und wurde, sondern sich auf die kroatische Kirche bezieht. Das ist in
linksliberalen Zeitungen so und das hört man auch heraus, wenn man hier mit einfachen
Schwestern und Priestern spricht, die sich ins Zeug legen, um zum Beispiel die karitative
Versorgung auf dem Land zu verbessern. Die große Macht der kroatischen Kirche - sie
hat großes Potential und ist auch eine Orientierung für die fast 90-prozentige katholische
Gesellschaft hier. Dieses Potential muss aber anscheinend irgendwie noch in die richtigen
Bahnen gelenkt werden. Da hört man zum Beispiel von Graswurzelinitiativen der Ordensgemeinschaften,
die aus Angst vor Machtverlust "von oben" im Keim erstickt werden, von lähmenden kircheninternen
Machtkämpfen und auch von einer einfach schlechten Koordination der pastoralen Arbeit.
Ob Papst Benedikt XVI. davon etwas mitbekommen hat, ist die Frage.