Sudan: „Der Süden will sich nicht in einen Krieg ziehen lassen"
Der Südsudan will
sich auf keinen Fall vom Nordsudan zu einem Krieg provozieren lassen. Das sagt Bischof
Cesare Mazzolari; der Italiener leitet das Bistum Rumbek im Südsudan. Am 9. Juli ist
es soweit, die Unabhängigkeit vom Norden wird Wirklichkeit, bei einem Referendum hatte
die überwältigende Mehrheit der Südsudanesen die Abspaltung gewählt. An einen glatten
Übergang glaubt Bischof Mazzolari nicht:
„Khartum schafft Spannungen. Wir
kennen das schon: Sie haben die Abspaltung des Südens erlaubt, weil 98 Prozent der
Südsudanesen dafür waren. Aber sie haben nur unwillig zugestimmt. Für sie war dieses
Referendum eine Art Gefechtspause. Lieber hätten sie den Süden behalten bzw. regelrecht
erobert, weil er voller Rohstoffe ist.“
Die Spannung steigt freilich nicht
nur im übertragenen Sinn. Das zeigen die jüngsten Gefechte um die erdölreiche Region
Abyei, die genau auf dem Grenzverlauf zwischen Nord und Süd liegt. Dazu meint der
Bischof von Rumbek:
„Der Süden will nicht zum Krieg provoziert werden.
Wir hatten 22 Jahre Krieg! Und wir wissen persönlich vom Präsidenten des Südens, dass
seine Haltung die ist, die Ruhe zu wahren, ohne auf die Provokationen Khartums einzugehen,
das einen Krieg will.“
Den Scharmützeln liegen unterschiedliche Auffassungen
über Eigentum und Zugehörigkeit zugrunde, aber auch unterschiedliche Religionen. Der
Norden ist überwiegend muslimisch, während der Süden von Christen und Anhängern von
Naturreligionen bewohnt wird. Bischof Mazzolari sieht aber auch einzelne Hoffnungszeichen,
die auf eine Verständigung hindeuten: Nicht zwangsläufig muss rund um den 9. Juli
ein neuer Krieg der Kriegsmüden ausbrechen.
„Man hat sich schon das erste
Mal versammelt, um einen gemeinsamen Militärrat zu gründen. Ziel ist, diese Gier nach
Anhäufung von immer mehr Land zu unterbinden, sei es im Norden oder im Süden. Es geht
auch um das Teilen der Güter. Das heißt nicht nur ein Stück Land abzugeben, sondern
beispielsweise das Weiden der Herden wechselseitig zu erlauben oder Handel zwischen
Nord und Süd Handel zuzulassen; oder auch, dass Kinder aus dem Norden in Schulen im
Süden kommen können – und andere Dinge mehr.“
Die neue Republik Südsudan
wolle sich demokratisch ausrichten, betonte der Bischof. Bei der Erarbeitung der Verfassung
müssten alle Bevölkerungsschichten gehört werden. Manche Stämme seien vorerst nicht
in diesen Prozess eingebunden, auch die Kirche werde bisher außen vor gehalten, so
Mazzolari. (rv 02.06.2011 gs)