ZDK zur Suizidbeihilfe: „Lebensschutz nicht durchlöchern“
Dürfen Ärzte Beihilfe
zum Suizid leisten? Diese Frage wird ab diesem Dienstag auf dem 114. Deutschen Ärztetag
in Kiel heiß diskutiert. Die eigene Position dazu hat die Bundesärztekammer allerdings
im Vorfeld schon klar gemacht: Ausdrücklich lehnt sie in ihrem Entwurf für eine Neufassung
der ärztlichen Berufsordnung eine Beteiligung von Ärzten an Selbsttötungen von Patienten
ab. Damit wird die Ablehnung der Suizidbeihilfe deutlicher als in der bisher geltenden
Berufsordnung gefasst; in dieser heißt es lediglich, dass Ärzte das Leben Sterbenden
„nicht aktiv“ verkürzen dürfen. Die Neufassung freut den Präsidenten des Zentralkomitees
der Deutschen Katholiken, Alois Glück:
„Ich denke, es ist ganz wichtig,
dass es eindeutige Regelungen gibt, und dass wir nicht schleichend in Grenzüberschreitungen
kommen. Und es ist ja offenbar notwendig, das zu regeln, auch innerhalb der Ärzteschaft.“
Noch
im vergangenen Jahr konnte sich mehr als ein Drittel aller Ärzte in Deutschland vorstellen,
Patienten beim Suizid zu unterstützen. Glück kann diese Bereitschaft nachvollziehen;
sie rühre von äußerst schwierigen Situationen und Mitleid mit den Leidenden her. Es
gelte anzuerkennen, dass es Sterbesituationen gebe, die einfach „hart sind“. Dennoch
– der ZDK-Präsident warnt vor einer schleichenden Untergrabung des Lebensschutzes
im größeren Rahmen:
„Auf der anderen Seite muss man aber sehen, welche Gefahren
in solchen Entwicklungen drinstecken. Das sind dann auf einmal ganz schnell fließende
Grenzen. Es ist einmal eine Grundsatzfrage: wo sind die Grenzen des Selbstbestimmungsrechtes?
Gesellschaftlich ist die Frage wie bei der PID: Wenn die individuelle Not uns zu Entscheidungen
führt, die letztlich in der Gesamtentwicklung den Lebensschutz durchlöchern, dann
zerstört das natürlich auch ganz schnell das Vertrauen zu den Ärzten. Es geht also
um prinzipielle Fragen und nicht um einen Einzelfall.“
Weiter erinnert
Glück daran, dass es beim Thema nicht nur um die Freiheit des Einzelnen gehe; schließlich
stehe hinter der ärztlichen Beihilfe zum Suizid ein bestimmtes Berufsverständnis.
Was also tun, um Leiden zu lindern? Man müsse zum Beispiel die Möglichkeiten der Palliativmedizin
„wirklich ausschöpfen“, empfiehlt Glück. Viel Potential sei in diesem Bereich noch
gar nicht entdeckt worden. Die Palliativversorgung ist neben der Präimplantationsdiagnostik
ein weiteres Thema auf dem Kieler Ärztetag.
Keine Empfehlung, sondern
ein klares Verbot Die Berufsordnung ist für alle Ärzte rechtlich verbindlich
– anders als die „Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung“, die die Ärztekammer
bereits im Frühjahr reformiert hatte und die lediglich als Orientierungsrahmen gelten.
Dabei hatte sie beim Thema Suizidbeihilfe nach Meinung mancher Beobachter zu Missverständnissen
eingeladen: In der Neufassung der Grundsätze heißt es lapidar, dass eine Mitwirkung
des Arztes bei der Selbsttötung von Menschen „keine ärztliche Aufgabe“ ist. Die frühere
Fassung von 2004 hatte noch deutlicher hervorgehoben, dass eine Suizidbeihilfe dem
ärztlichen Ethos widerspricht.