2011-05-29 11:46:00

Aids-Konferenz: „Wir brauchen die Stimme der Kirche“


RealAudioMP3 Aids-Kranke dürfen nicht von der Gesellschaft stigmatisiert werden. Das sagte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone bei der Aids-Konferenz im Vatikan. Er fügte an, dass es der katholischen Kirche auch darum gehe, eine Überwindung von Vorurteilen zu erreichen, die zu einer Ausgrenzung von Aids-Kranken führen, fügte Bertone an. Am Freitag und Samstag fand hinter den vatikanischen Mauern eine internationale Konferenz zu dem Thema statt. Organisator war die Stiftung „Der barmherzige Samariter“, die dem päpstlichen Gesundheitsrat untersteht.
Bei der Aids-Konferenz war auch der deutsche Arzt Christoph Benn. Er ist beim „Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria“ für die Außenbeziehungen zuständig. Mario Galgano hat ihn gefragt, was er von der Konferenz im Vatikan hielt.

„Ich bin von den katholischen Organisatoren eingeladen worden, hier in Rom zu einer Fragestellung ein Referat zu halten. Die Fragestellung lautete: Wie sieht die Finanzierung für Aids-Programme weltweit aus? Natürlich ging es auch um die Frage, wie die Einrichtung der katholischen Kirche davon profitieren kann. Der „Globale Fonds“ ist mit Abstand die größte Finanzierungsorganisation weltweit in der Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Wir geben zurzeit pro Jahr etwa 3,3 Milliarden US-Dollar für Programme in 150 Ländern aus. In vielen dieser Länder finanzieren wir auch Einrichtungen der katholischen Kirche. Das sind Krankenhäuser oder Krankenstationen. Insbesondere geht es auch um die Behandlung von Aids-Patienten.“

Wie kann die Hilfe an Aids-Patienten langfristig sichergestellt werden angesichts der gegenwärtigen Finanzkrise? Und ist die finanzielle Angelegenheit überhaupt ein richtiger Ansatz?

„Ich denke, man muss zunächst einmal feststellen, welche Fortschritte in den letzten Jahren gemacht wurden. Es sind mehr als fünf Millionen Menschen in Entwicklungsländern in der Aids-Behandlung. Das ist ein Riesenerfolg. Noch vor wenigen Jahren war diese Behandlung für die meisten Patienten unbezahlbar. Wir haben nach wie vor Einnahmen sowohl von Geberländern als auch von der Privatwirtschaft oder Stiftungen. Diese Einnahmen sind sichergestellt. Das gilt auch für die nächsten drei Jahre. Insofern lautet meine Antwort: es bedarf sehr großer Anstrengungen und das bleibt auch weiterhin so. Wir müssen sicherlich vermehrt öffentlich über das Thema sprechen, damit die Programme auch gut funktionieren. Die katholische Kirche ist deshalb ein sehr wichtiger Partner. Was wir erreicht haben, sollte uns motivieren, diesen Weg weiterzugehen, damit alle Aids-Patienten diese Behandlung bekommen können.“

Sie haben von Geberländer und Privatwirtschaft gesprochen. Wer genau gibt Ihnen Geld für die Projekte? Können Sie uns mehr dazu sagen?

„Also die meisten Ressourcen kommen selbstverständlich von Staaten und zwar aus ihren Entwicklungshaushalten. Das meiste Geld kommt von den reichen G8-Staaten. Der „Globale Fonds“ ist in gewisser Weise eine Gründung der G8-Länder und wird regelmäßig von diesen Länder unterstützt. Aber inzwischen gibt es viele andere Länder – auch von den sogenannten „aufsteigenden“ Ländern – die ihren Beitrag leisten. Es gibt aber auch viele private Stiftungen wie zum Beispiel die Bill Gates-Stiftung. Er ist ein großer Förderer des „Fonds“. Es gibt dann eine Reihe von Firmen, die ebenfalls einzahlen. Wir sind im Grunde ein globaler Solidaritätsfonds, der sicher stellen soll, dass Menschen auch in ärmeren Ländern Zugang haben zu Behandlung und Prävention von Aids, Tuberkulose und Malaria.“

Es gibt Leute, die werfen der katholischen Kirche vor, sie verhalte sich falsch bei der Bekämpfung von Aids. Gilt die Kirche bei säkularen Einrichtungen als eine „glaubwürdige Institution“ bei der Bekämpfung der Aids-Epidemie?

„Die katholische Kirche ist ein sehr glaubwürdiger Partner. Sie unterhält in vielen Ländern – gerade in Afrika – ein wesentlichen Teil der Gesundheitsinfrastruktur. Wir unterstützen sie auch mit Medikamenten und anderen Maßnahmen. Der „Globale Fonds“ hat in den vergangenen Jahren über 600 Millionen US-Dollar für Gesundheitsprogramme von Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen ausgegeben. Das ist keine kleine Summe. Das zeigt auch das Vertrauen, die der „Globale Fonds“ gegenüber der Kirche hat. Wir sind sogar sehr daran interessiert, diese Zusammenarbeit noch weiter auszubauen.“

Man kann also sagen, dass die katholische Kirche sehr aktiv gegen Aids vorgeht.

„Wenn Sie in viele Ländern Afrikas gehen – und ich war jahrelang Arzt dort – dann werden Sie feststellen, dass in den ländlichen Gebieten viele der Krankenhäuser von den Kirchen unterhalten werden. Und wir müssen ja mit unseren Fördermitteln gerade diese Bevölkerung erreichen. Es geht nicht nur darum, die Menschen in den afrikanischen Hauptstädten zu erreichen, sondern dort hinzugehen, wo die meisten Aids-Patienten sind. Das sind die ländlichen Regionen in Afrika und Asien. Gerade dort sind die Kirchen besonders präsent und stark. Dazu kommt auch die große Motivation der Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen. Denn die Betreuung von Aids-Patienten ist eine sehr schwierige Aufgabe. Deshalb ist die Kirche für uns ein sehr wichtiger Partner.“

Was ist Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft bei der Aids-Bekämpfung?

„Mein persönlicher Wunsch ist es, dass diese Idee der globalen Solidarität weitergetragen wird. Vor wenigen Jahren hatte fast niemand Zugang zu der gegenwärtigen Aids-Behandlung. Mittlerweile sind es fast fünf Millionen Menschen. Allerdings sind es 15 Millionen Menschen, die diese Behandlung bräuchten. Das zeigt uns, dass noch sehr viel getan werden muss. Und hier zählen wir sehr stark auf die Stimme der Kirche, um diesen Aspekt der Zuwendung und der Gerechtigkeit aufrecht zu halten. Damit können wir noch weiter betonen, dass die Aids-Bekämpfung eine wahrhaftig globale Angelegenheit ist, die die Menschheit betrifft. Wir Menschen in den reichen Länder müssen dazu beitragen, dass Menschen in den armen Länder nicht an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten sterben.“

Herzlichen Dank für das Gespräch.

(rv 29.05.2011 mg)







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