Aids-Konferenz: „Wir brauchen die Stimme der Kirche“
Aids-Kranke dürfen
nicht von der Gesellschaft stigmatisiert werden. Das sagte Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone bei der Aids-Konferenz im Vatikan. Er fügte an, dass es der katholischen
Kirche auch darum gehe, eine Überwindung von Vorurteilen zu erreichen, die zu einer
Ausgrenzung von Aids-Kranken führen, fügte Bertone an. Am Freitag und Samstag fand
hinter den vatikanischen Mauern eine internationale Konferenz zu dem Thema statt.
Organisator war die Stiftung „Der barmherzige Samariter“, die dem päpstlichen Gesundheitsrat
untersteht. Bei der Aids-Konferenz war auch der deutsche Arzt Christoph Benn. Er
ist beim „Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria“ für die
Außenbeziehungen zuständig. Mario Galgano hat ihn gefragt, was er von der Konferenz
im Vatikan hielt.
„Ich bin von den katholischen Organisatoren eingeladen
worden, hier in Rom zu einer Fragestellung ein Referat zu halten. Die Fragestellung
lautete: Wie sieht die Finanzierung für Aids-Programme weltweit aus? Natürlich ging
es auch um die Frage, wie die Einrichtung der katholischen Kirche davon profitieren
kann. Der „Globale Fonds“ ist mit Abstand die größte Finanzierungsorganisation weltweit
in der Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Wir geben zurzeit pro Jahr etwa
3,3 Milliarden US-Dollar für Programme in 150 Ländern aus. In vielen dieser Länder
finanzieren wir auch Einrichtungen der katholischen Kirche. Das sind Krankenhäuser
oder Krankenstationen. Insbesondere geht es auch um die Behandlung von Aids-Patienten.“
Wie
kann die Hilfe an Aids-Patienten langfristig sichergestellt werden angesichts der
gegenwärtigen Finanzkrise? Und ist die finanzielle Angelegenheit überhaupt ein richtiger
Ansatz?
„Ich denke, man muss zunächst einmal feststellen, welche Fortschritte
in den letzten Jahren gemacht wurden. Es sind mehr als fünf Millionen Menschen in
Entwicklungsländern in der Aids-Behandlung. Das ist ein Riesenerfolg. Noch vor wenigen
Jahren war diese Behandlung für die meisten Patienten unbezahlbar. Wir haben nach
wie vor Einnahmen sowohl von Geberländern als auch von der Privatwirtschaft oder Stiftungen.
Diese Einnahmen sind sichergestellt. Das gilt auch für die nächsten drei Jahre. Insofern
lautet meine Antwort: es bedarf sehr großer Anstrengungen und das bleibt auch weiterhin
so. Wir müssen sicherlich vermehrt öffentlich über das Thema sprechen, damit die Programme
auch gut funktionieren. Die katholische Kirche ist deshalb ein sehr wichtiger Partner.
Was wir erreicht haben, sollte uns motivieren, diesen Weg weiterzugehen, damit alle
Aids-Patienten diese Behandlung bekommen können.“
Sie haben von Geberländer
und Privatwirtschaft gesprochen. Wer genau gibt Ihnen Geld für die Projekte? Können
Sie uns mehr dazu sagen?
„Also die meisten Ressourcen kommen selbstverständlich
von Staaten und zwar aus ihren Entwicklungshaushalten. Das meiste Geld kommt von den
reichen G8-Staaten. Der „Globale Fonds“ ist in gewisser Weise eine Gründung der G8-Länder
und wird regelmäßig von diesen Länder unterstützt. Aber inzwischen gibt es viele andere
Länder – auch von den sogenannten „aufsteigenden“ Ländern – die ihren Beitrag leisten.
Es gibt aber auch viele private Stiftungen wie zum Beispiel die Bill Gates-Stiftung.
Er ist ein großer Förderer des „Fonds“. Es gibt dann eine Reihe von Firmen, die ebenfalls
einzahlen. Wir sind im Grunde ein globaler Solidaritätsfonds, der sicher stellen soll,
dass Menschen auch in ärmeren Ländern Zugang haben zu Behandlung und Prävention von
Aids, Tuberkulose und Malaria.“
Es gibt Leute, die werfen der katholischen
Kirche vor, sie verhalte sich falsch bei der Bekämpfung von Aids. Gilt die Kirche
bei säkularen Einrichtungen als eine „glaubwürdige Institution“ bei der Bekämpfung
der Aids-Epidemie?
„Die katholische Kirche ist ein sehr glaubwürdiger Partner.
Sie unterhält in vielen Ländern – gerade in Afrika – ein wesentlichen Teil der Gesundheitsinfrastruktur.
Wir unterstützen sie auch mit Medikamenten und anderen Maßnahmen. Der „Globale Fonds“
hat in den vergangenen Jahren über 600 Millionen US-Dollar für Gesundheitsprogramme
von Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen ausgegeben. Das ist keine kleine
Summe. Das zeigt auch das Vertrauen, die der „Globale Fonds“ gegenüber der Kirche
hat. Wir sind sogar sehr daran interessiert, diese Zusammenarbeit noch weiter auszubauen.“
Man
kann also sagen, dass die katholische Kirche sehr aktiv gegen Aids vorgeht.
„Wenn
Sie in viele Ländern Afrikas gehen – und ich war jahrelang Arzt dort – dann werden
Sie feststellen, dass in den ländlichen Gebieten viele der Krankenhäuser von den Kirchen
unterhalten werden. Und wir müssen ja mit unseren Fördermitteln gerade diese Bevölkerung
erreichen. Es geht nicht nur darum, die Menschen in den afrikanischen Hauptstädten
zu erreichen, sondern dort hinzugehen, wo die meisten Aids-Patienten sind. Das sind
die ländlichen Regionen in Afrika und Asien. Gerade dort sind die Kirchen besonders
präsent und stark. Dazu kommt auch die große Motivation der Mitarbeiter in kirchlichen
Einrichtungen. Denn die Betreuung von Aids-Patienten ist eine sehr schwierige Aufgabe.
Deshalb ist die Kirche für uns ein sehr wichtiger Partner.“
Was ist Ihr
persönlicher Wunsch für die Zukunft bei der Aids-Bekämpfung?
„Mein persönlicher
Wunsch ist es, dass diese Idee der globalen Solidarität weitergetragen wird. Vor wenigen
Jahren hatte fast niemand Zugang zu der gegenwärtigen Aids-Behandlung. Mittlerweile
sind es fast fünf Millionen Menschen. Allerdings sind es 15 Millionen Menschen, die
diese Behandlung bräuchten. Das zeigt uns, dass noch sehr viel getan werden muss.
Und hier zählen wir sehr stark auf die Stimme der Kirche, um diesen Aspekt der Zuwendung
und der Gerechtigkeit aufrecht zu halten. Damit können wir noch weiter betonen, dass
die Aids-Bekämpfung eine wahrhaftig globale Angelegenheit ist, die die Menschheit
betrifft. Wir Menschen in den reichen Länder müssen dazu beitragen, dass Menschen
in den armen Länder nicht an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten sterben.“