Schweiz: Sieben Monate zu Fuß - Pilgern nach Jerusalem
Er wird sieben Monate
lang unterwegs sein, und zwar zu Fuß. Jesuitenpater Christian Rutishauser leitet das
Studienprogramm im Bildungshaus Bad Schönbrunn in der Schweiz. Er ist studierter Judaist,
beschäftigt sich mit christlicher Spiritualität und dem Dialog vor allem mit den Ostkirchen,
daneben betreibt er ein Studienprogramm in diesen Fächern in Zusammenarbeit mit der
Universität Fribourg. Dieses Leben wird nun für sieben Monate unterbrochen, denn Pater
Rutishauser geht auf Pilgerschaft. Beginnend in der Schweiz, in Bad Schönbrunn, macht
er sich gemeinsam mit drei weiteren Pilgern auf den Weg nach Jerusalem.
Es
ist ein Projekt, das wir hier bei Radio Vatikan in den kommenden Monaten begleiten
werden. Weihnachten wollen die Pilger im Heiligen Land ankommen, bis dahin gibt es
sicherlich einiges zu berichten. Bevor es aber in den nächsten Tagen losgeht, haben
wir mit Pater Rutishauser über seine Motivation und den Sinn dieser Pilgerreise sprechen
können. Worauf freut er sich?
„Das Gefühlt der Freude, dass wir da sind,
wird kommen, wenn wir über den Ölberg kommen. Wir kommen von Jericho her, werden also
ganz klassisch wie in der Antike von Oster her zur Stadt gehen. Dann sieht man den
Tempelberg, dann sieht man natürlich die Stadt, das wird eine große Freude sein, nehme
ich einmal an, und es wird eine Erleichterung sein. Aber dann muss man doch sofort
ins Heiligtum gehen. Ich bin selber überhaupt kein Typ der pilgert, ich
bin eigentlich nie irgendwohin zu Fuß gegangen, wenn ich irgendwo hin pilgere, dann
muss es wirklich ganz ins Zentrum meines Glaubens sein. Dafür würde ich nicht an einen
heiligen Ort gehen, nicht einmal nach Rom, sondern gerade direkt nach Jerusalem. Das
wegen der persönlichen religiösen Gründe, aber auch wegen des interreligiösen Dialogs
ist es mir ein Anliegen, zu pilgern.“
Sieben Monate zu Fuß, eine ziemlich
verrückte Idee. Wie wächst so etwas? Wie kommt man zu dem Punkt, sich zu entscheiden,
das wirklich zu machen?
„Zunächst war das zunächst einmal ein Traum, fast
ein Bubentraum. Später habe ich die Geschichte studiert und da sieht man dann die
Pilgerwallfahrten in der Antike, nachher die Kreuzzüge im Mittelalter, der Kampf um
die Befreiung von Jerusalem und der Grabeskirche. All das führt dann dazu, zu fragen,
ob man nicht wieder ein Zeichen setzen müsste, um wirklich nach Jerusalem unterwegs
zu sein. Aber eben nicht einfach im Flugzeug sofort hinfliegen, sondern wirklich als
Pilger in der Haltung des sich verwundbar Machens, des sich Aussetzens, damit das
Pilgern auch wirklich eine geistliche Übung ist an der ich persönlich reifen kann.“
Am
2. Juni machen sich Pater Christian Rutishauser, Esther Rüthemann, Franz Mali und
Hildegard Aepli auf den Weg. Soweit sind unsere Pilger mit ihrem Projekt ganz im Trend.
Ganz gegen den Trend machen die vier aber keine individuelle Reise, sie wollen möglichst
viele Menschen einbeziehen, durch kurze Strecken des Mitpilgerns, aber auch durch
das Internet. Schon seit einiger Zeit wird durch Seminare und andere Vorbereitungen
am Lassallehaus in Bad Schönbrunn dieses Projekt vorbereitet, nicht nur für die vier,
sondern für alle, die dabei sein wollen, für einige Tage oder von zu Hause aus.
„Das
Projekt ‚Zu Fuß nach Jerusalem’ ist gestartet im Oktober 2010 mit Vorbereitungsveranstaltungen,
Seminaren, Tagungen und Pilgertagen hier in der Schweiz und das Unterwegssein beginnt
Christi Himmelfahrt. Wir denken, in sieben Monaten, zu Weihnachten, in Jerusalem zu
sein. Wir haben im Vorprogramm eine Reihe von Seminaren gemacht zu Aspekten
des Pilgerns. Einmal ganz historisch zurückgeschaut, was die Geschichte des Pilgerns
von Europa aus nach Jerusalem ist. Dann haben wir auch die Zeit der Kreuzzüge angeschaut,
aber dann auch ein Seminar gehabt rein zur Spiritualität des Pilgerns. Die Tagung
zu ‚Jerusalem – Juden, Christen, Muslimen heilig’ hat dann den interreligiösen Aspekt
des Ortes ins Bewusstsein gerufen. Während des Pilgerns selbst haben wir
uns entschieden, an verschiedenen Etappen unterwegs die Möglichkeit zu geben, mitzupilgern.
Es wird drei Mal sein. Zu Beginn hier in der Schweiz, wenn wir aufbrechen gibt es
die Möglichkeit, von Christi Himmelfahrt bis Pfingsten mitzupilgern. Vom Lasalle-Haus
werden wir aufbrechen nach Einsiedeln, wo viele mitkommen werden, die die klassische
Wallfahrt nach Einsiedeln bereits kennen. Nachher gibt es die Möglichkeit, weiter
zu gehen nach Graubünden nach Müstair, einer mittelalterlichen Abtei in den Alpen. Dann
gibt es eine zweite Möglichkeit auf dem Weg in der Türkei. Da haben wir aber zuerst
eine muslimisch-christliche Begegnungswoche. Die dritte Möglichkeit, daran
teilzunehmen, ist nach Amman zu fliegen und dann von Amman aus ganz klassisch über
den Berg Nebo über Jericho und das Wadi Kelt hoch nach Jerusalem.“
Das
Projekt wird auch im Internet auf einem eigenen Bog zu verfolgen sein, die Elektronik
bietet aber noch weitere Möglichkeiten.
„Es gibt die Möglichkeit, den eigenen
Namen eintragen zu lassen für ein bestimmtes Datum, damit wir die Leute im Gebet besonders
tragen. Dann soll es eine Möglichkeit geben, auch zu Hause zu pilgern, wenn wir unterwegs
sind. Es werden die Exerzitien des Ignatius im Alltag angeboten, dass heißt, die Leute,
die zu Hause sind, werden begleitet über sechs Monate lang, während wir unterwegs
sind, so dass wirklich das Pilgern als geistlicher Prozess möglich wird.“
Neben
dem Laufen wird es für die vier Pilger auch ein geistliches Programm geben, sie werden
nicht nur Laufen und die Füße pflegen.
„Das Schweigen wird einen großen
Platz einnehmen. Wir werden wirklich schweigend gehen, so dass jeder von uns auch
in seinem inneren Gebet sein kann. Ester Rüthemann und ich haben auch beide schon
gesagt, dass wir beide große Teile der Heiligen Schrift unterwegs lesen wollen, dann
auch innerlich beten wollen und miteinander im Gespräch sein. Ich hoffe, dass ich
nicht nur einige Psalmen auswendig gelernt habe, wenn ich in Jerusalem bin.“