2011-05-18 16:31:40

Nordkorea: Hunger und Christenverfolgung


RealAudioMP3 Die Hölle auf Erden herrscht in Nordkorea: Hunger, Unterdrückung und Verfolgung machen den Menschen dort massiv zu schaffen. Vor allem Christen gehören zu den Opfern eines Regimes, das neben der kommunistischen Ideologie kein anderes Denken und keinen anderen „Glauben“ duldet. Hören Sie hier ein Dossier zum Thema.

Nach aktuellen Zahlen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen sind in dem international isolierten Land 6 Millionen Menschen akut vom Hunger bedroht. Besonders betroffen sind die Landbevölkerung, Kinder, Alte und Kranke, berichtet der Geschäftsführer der Hilfsorganisation Cap Anamur Bernd Göken, der vor einigen Tagen von einer Rundreise in dem kommunistischen Land zurückgekehrt ist. Das Kölner Domradio hat mit ihm gesprochen.

„Wir haben Waisenhäuser besucht, das war schon ein schlimmer Zustand, wie die Kinder dort aussahen. Die scheinen das letzte Glied in der Kette zu sein. Einmal stand ein Leiter einer Waisenschule weinend vor mir, der sagte: Ich habe 300 Kinder zu versorgen, ich habe nichts zu essen, gib mir was, irgendwas. Das Schlimme ist: Man kann nichts einkaufen, denn es gibt keinen Markt, alles wird ja zugeteilt.“

Nordkorea könne nur ein Fünftel der eigenen Anbauflächen landwirtschaftlich nutzen, so Göken. Überdies seien während des vergangenen extrem harten Winters große Teile der Ernte kaputt gefroren. Neben der Nahrungsmittelknappheit fehle den Menschen besonders medizinische Versorgung:

„Die Lage in den Krankenhäusern ist katastrophal: Es gibt weder ausreichend Medikamente noch Material. Die Geräte sind größtenteils aus den 1970er Jahren und technisch vollkommen veraltet. Immer wieder kommt es zu Stromausfällen. An gut ausgebildetem Personal mangelt es zwar nicht, die Mediziner könnten jedoch aufgrund der Umstände nur sehr begrenzt helfen.“

Als wäre das alles nicht schon genug Elend, setzt das nordkoreanische Regime die eigene Bevölkerung auch noch extrem unter Druck: Jedes Verhalten und Denken, ja jeder Glauben, der in Konkurrenz zur kommunistischen Ideologie stehen könnte, wird brutal unterdrückt und verfolgt. In Kim Jong-ils Schreckensregime werden Schätzungen zufolge zwischen 150.000 bis 200.000 Menschen in Straf- und Umerziehungslagern festgehalten, davon ein Großteil Christen. Folter, Vergewaltigung, medizinische Experimente, Zwangsarbeit, erzwungene Abtreibungen und Exekutionen sind in diesen Lagern an der Tagesordnung. Michel Varton, Direktor von Open Doors Frankreich, kann im Gespräch mit Radio Vatikan von vielen solcher Fällen berichten:

„In einer Stadt, mit der wir in Kontakt sind, gibt es zu Beispiel 23 Gläubige, die letztes Jahr von der Polizei festgenommen wurden, weil sie sich heimlich getroffen haben. Dabei sind drei von ihnen sofort hingerichtet worden, die zwanzig anderen wurden zu Zwangsarbeit gezwungen. Wir schätzen, dass von den insgesamt 400.000 Christen in Nordkorea 25 Prozent in Arbeitslagern sind! Wenn man als jemand enttarnt wird, der an Gott glaubt, wird man verhaftet und in Lager gesteckt, die Todeslager sind.“

Ähnlich erging es dem Vater einer jungen Nordkoreanerin aus Pjöngjang, die kürzlich auf dem 3. Internationalen Kongress für Weltevangelisierung in Kapstadt, Südafrika (16.-25. Oktober 2010), um Hilfe für verfolgte Christen in ihrem Land bat. Ihr Vater war Berater des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-il gewesen, bei dem er zunächst als politischer Dissident und dann als Christ in Ungnade fiel. Nach der Flucht der Familie nach China war er in der Volksrepublik mit dem Christentum in Kontakt gekommen. Danach hatte er sich entschieden, verdeckt als Missionar in sein Heimatland zurückzugehen.

„Er ging wohlgemerkt nicht nach Südkorea, wo er religiöse Freiheit hätte genießen können, sondern kehrte nach Nordkorea zurück, wo er in großer Gefahr schwebte. Im Jahr 2006 wurde seine Arbeit von der nordkoreanischen Regierung entdeckt und er wurde wieder ins Gefängnis gesteckt. Ich habe seitdem nichts mehr von meinem Vater gehört. Wir glauben, dass er erschossen wurde - mit dem Vorwurf der Spionage, wie das verfolgten Christen in Nordkorea so oft passiert.“

Open Doors befürchtet, dass sich die Lage der Christen in Nordkorea nicht verändern bzw. sogar verschlimmern wird. Dazu Varton:

„Die Unterdrückung der Christen droht noch schlimmer zu werden, denn das Regime ist geschwächt - ein Wechsel innerhalb der Regierung steht in Aussicht, und weil dieser Wechsel das Regime intern stark beschäftigt, sind keine Verbesserungen für die Christen zu erwarten.“

Was die hungernde Bevölkerung betrifft, habe die nordkoreanische Regierung zumindest schon Essenslieferungen aus dem Westen zugelassen, berichtet Cap Anamur-Geschäftsführer Bernd Göken. So habe man in den letzten Tagen zumindest 200 Tonnen Reis ins Land bringen können, angesichts der benötigten 500.000 Tonnen freilich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors ist der Ansicht, dass man auf diplomatischem Wege mehr Druck auf Nordkorea ausüben müsste und denkt dabei vor allem an Nordkoreas asiatische „Sympathisanten“ wie zum Beispiel China. Zwar ist die Volksrepublik China selbst sicher kein Paradies für Christen, aber wenigstens wird den christlichen Glaubensgemeinschaften dort formal – und innerhalb staatlich kontrollierter Strukturen auch praktisch – Religionsfreiheit gewährt. Dem Vater der jungen Nordkoreanerin hat das allerdings nicht geholfen: Er wurde nach seiner Flucht in China im Jahr 2001 von der chinesischen Polizei verhaftet, erzählte seine Tochter auf dem vergangenen Kongress für Weltevangelisierung in Südafrika:

„Als mein Vater zum ersten Mal in China verhaftet und gezwungen wurde, nach Nordkorea zurückzukehren, war ich noch keine Christin. In dieser Zeit wurde ich von der Familie eines jungen chinesischen Pastors adoptiert. Sie waren sehr liebevoll und fürsorglich zu mir. Durch sie hat Gott mich beschützt. Aber diese Familie musste 2007 in die Vereinigten Staaten gehen. Kurze Zeit später hatte ich dann die Möglichkeit, nach Südkorea zu gehen. Ich bitte euch alle: Betet mit mir zusammen für meinen Vater und für alle Menschen in Nordkorea – meine Landsleute – so dass sie Gottes Gnade erfahren.“

Das Dossier von Anne Preckel wurde erstellt mit Tonmaterial von Radio Vatikan, Open Doors und dem Domradio Köln.

(rv / opendoors / domradio 18.05.2011 pr)







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