Die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils
Bereits zum Ende der zweiten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde
– neben einem Dokument zu den Medien – am 22. November 1963 die Liturgiekonstitution
Sacrosanctum Concilium verabschiedet. Die Mehrheit der Stimmen der Konzilsväter
war mit 99 Prozent überwältigend. Neben den theologischen Gewichtungen, die hier nicht
weiter zur Sprache kommen sollen, ist hier besonders der Auftrag zu einer Überarbeitung
des Missale, also des Messbuches, von Bedeutung. Viele praktische Formulierungen im
Text sind vom Kompromiss geprägt. So soll die lateinische Sprache „erhalten“ bleiben,
zur Muttersprache heißt es: „Der Muttersprache darf (…) in den mit dem Volk gefeierten
Messen ein gebührender Raum zugeteilt werden“, „vor allem“ in den Lesungen (Nr. 36
und 54). Wie weit genau, dass solle die kirchliche Autorität bestimmen: „Die für die
einzelnen (…) zuständige kirchliche Autorität möge sorgfältig und klug erwägen, welche
Elemente aus Überlieferung und geistiger Anlage der einzelnen Völker geeignet sind,
zur Liturgie zugelassen zu werden. Anpassungen, die für nützlich oder notwendig gehalten
werden, sollen dem Apostolischen Stuhl vorgelegt und dann mit dessen Einverständnis
eingeführt werden.“ (Nr. 40)
Dies hat Papst Paul VI. dann auch getan, und zwar
über die Liturgiekonstitution hinausgehend. Die offenen Formulierungen etwa zur Muttersprache
sind weit ausgelegt worden. Aber auch wenn das Messbuch Pauls VI. 1970 zu Beginn der
Adventszeit offiziell promulgiert, also in Kraft gesetzt wurde, so ist die Umsetzung
doch ein Prozess. So wurde die neue Leseordnung zum Beispiel vom Vatikan erst 1976
vorgeschrieben.
1984 erlaubte Papst Johannes Paul mit dem Schreiben Quattuor
abhinc annos sogenannte „Indultmessen“, also Messen nach dem Messbuch von 1962,
für die der Bischof den Priestern und Gläubigen die Erlaubnis (Indult) erteilen konnte.
Ort und Zeit sollte der Bischof genau bestimmen. Die Bedingung: Priester und Gläubige,
die die „alte Messe“ feiern wollten, durften die Legitimität des Messbuches Papst
Pauls VI. nicht in Frage stellen. So sollte vermieden werden, dass konkurrierende
Riten entstünden.
Bedeutung erlangte dieses päpstliche Schreiben noch einmal
1988 nach der unerlaubten Bischofsweihe von vier Priestern durch Marcel Lefebvre:
Johannes Paul II. verfasst das Motu Proprio Ecclesia Dei Adflicta. Dort heißt es:
„Ferner muss überall das Empfinden derer geachtet werden, die sich der Tradition
der lateinischen Liturgie verbunden fühlen, indem die schon vor längerer Zeit vom
Apostolischen Stuhl herausgegebenen Richtlinien zum Gebrauch des Römischen Messbuchs
in der Editio typica vom Jahr 1962 weit und großzügig angewandt werden.“ Die Feier
der „alten Messe“ sollte es Gläubigen, die diesen schismatischen Akt nicht mit vollziehen
wollten, einfacher machen, bei der Kirche zu bleiben. Gleichzeitig rief Johannes Paul
die päpstliche Kommission Ecclesia Dei ins Leben, die die Zuständigkeit für
diese Fragen erhielt. Papst Benedikt XVI. ordnete die Kommission 2009 der Glaubenskongregation
zu. (rv 11.05.2011 ord)