Von der Bibel gibt es verschiedene Übersetzungen: können katholische Christen auch
die Luther-Übersetzung benutzen und von der sagen, dass sie wahr und richtig sei?
Darf man sie lesen?
Lesen darf man alles. Es wie immer eine Frage des Umgangs. Zunächst einmal die Frage,
was die Bibel eigentlich ist. Nehmen wir das Neue Testament. Wir wissen zum Beispiel
gar nicht, was der Urtext dieser Bücher eigentlich ist. Wir haben viele Texte, die
aber nicht in allem übereinstimmen, wir haben Zitate, Übertragungen etc. Daraus versuchen
wir seit Jahrhunderten, einen Text herzustellen, der als plausibel gilt. Immer wieder
gibt es neue Entdeckungen, neue Fragen, neue Einschätzungen und so werden wir wohl
nie ganz fertig. Und davon werden dann immer wieder Übersetzungen gemacht. Sprache
ist nichts fixes, Sprache entwickelt sich. Einzelne Begriffe ändern ihre Bedeutung,
die Grammatik wechselt. Und so muss jede Generation neu die Bibel in ihre Zeit übersetzen.
Luther
hat das in seinem Glauben und in seine Zeit hinein getan. Ich halte seine Sprache
immer noch für sehr gut lesbar, sie ist meinem Leben fremd, aber sie ist kraftvoll,
ehrlich, sie basiert nicht auf Kompromiss sondern auf einer gewissen Klarheit.
Aber
jeder Übersetzer trifft Entscheidungen. Wie übersetze ich diesen Gedanken, wie jenen?
Und diese Entscheidungen haben theologische Implikationen. Und das gilt selbstverständlich
auch für Luther.
Ich lese Luther gerne, allein schon, weil er beim Hören aus
den schon eingeschliffenen Bibellesungen herausführt und neu auf Überraschendes in
der Schrift hinweist. Das Gleiche gilt auch für andere Übersetzungen. Ich stimme nicht
immer mit allem überein, aber das muss ja nichts Schlechtes sein. Aber wenn es zum
Gebet kommt, zur Liturgie, zum gemeinsamen Teilen von Glauben, dann greife ich doch
zu der Übersetzung, die die Kirche gemeinsam erstellt hat.