2011-05-09 16:20:53

Zum Verständnis der Bibel: Wer die Heilige Schrift ernst nimmt, muss auch die Geschichten etwa von Adam und Eva oder der Sintflut ernst nehmen. Wie sind diese Geschichten mit unserem Verständnis der Entwicklung der Welt vereinbar?


Lieber Hörer, die Bibel ist ein kompliziertes Buch. Natürlich nehme ich sie nicht nur ernst, ich halte sie auch für wahr. Ja, auch die Geschichten von Adam und Eva oder der Sintflut. Trotzdem müssen wir uns die Frage stellen, was das für Geschichten sind.

Vor allem in den USA gibt es eine wachsende Bewegung, die die Geschichten wörtlich nimmt und sie in Jahreszahlen umrechnet. Man glaubt, Daten für die Sintflut und genaue Genealogien, also Abstammungslinien, ziehen zu können. Kritiker werfen ein, in die so entstehende Erdgeschichte würden Dinosaurier oder der Homo Sapiens Sapiens gar nicht hinein passen, dafür sei die Zeit zu kurz.

Ein ziemlich unsinniger Streit wie ich finde. Denn weder widerlegt die Naturwissenschaft die Bibel, noch die Bibel die Naturwissenschaft.

Die Schrift reflektiert die Geschichte des Volkes Israel mit seinem Gott, oder in unserer Perspektive: die Geschichte des Volkes Israels und der Kirche mit Gott. Und diese Erfahrungen werden wie zu allen Zeiten in Form von Geschichte aufgeschrieben. Es gibt auch andere Formen, Poesie zum Beispiel, wie wir sie in den Psalmen finden, auch das Buch der Weisheit und Jesus Sirach haben eigene Formen der Übermittlung.

Die Geschichtsbücher erzählen die Geschichte. Es sind keine Mythen in dem Sinn, dass wir sagen können, das sei ja nicht wirklich wahr, das seien nur Bilder. Natürlich ist die Zeit keine chronologische Zeit, nicht in Kalendern zu messen. Aber trotzdem sind es historische Erfahrungen.

Die Geschichtswissenschaft kann damit allerdings wenig anfangen, und das ist auch gut so. Die Aussage ist theologischer Natur, sie sagt etwas Theologisches über die Geschichte Gottes mit den Menschen aus, über die Sünde – nicht abstrakt, sondern wie sie sich entwickelt hat, also historisch. Sie sagt etwas über den Umgang der Menschen mit der Nähe und der Entfernung zu Gott, der Annahme eines strafenden Gottes und dem allmählichen Entdecken der Liebe dieses Gottes - auch das nicht abstrakt, sondern wie es sich entwickelt hat, also historisch.

Ich nehme die Geschichten sehr ernst, und das muss ich auch, um meinen Glauben und die Welt verstehen zu können. Nur müssen wir genau wissen, worüber wir reden.







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