Ein schneller Ausstieg aus der Atomenergie bleibt umstritten. Bei der zweiten Sitzung
der Ethikkommission zur Energiewende an diesem Donnerstag in Berlin verwiesen Befürworter
auf die Potenziale von Energieeffizienz und den Ausbau von Wind- und Solarkraft. Vertreter
von Industrie und Energiekonzernen warnten hingegen vor Belastungen für die Wirtschaft
und steigenden Strompreisen. Umstritten waren auch die Folgen für den Klimaschutz.
Bei der live im Fernsehen übertragenen Expertenanhörung plädierte der Kommissionsvorsitzende
Klaus Töpfer (CDU) dafür, die erneuerbareEnergien als Chance zu begreifen. Der Atom-Ausstieg
müsse zu einem „großen Gemeinschaftswerk“ werden. Die Frage nach der Verantwortung
stelle sich nach dem Desaster von Fukushima mehr denn je.
Die öffentliche
Sitzung sollte nach den Worten des Ko-Vorsitzenden der Kommission, Matthias Kleiner,
auch zu einem gesellschaftlichen Frieden beitragen. Die Diskussion habe in den vergangenen
Jahrzehnten das gesellschaftliche Klima vergiftet, so der Präsident der Deutschen
Forschungsgemeinschaft. Er mahnte auch zu einem fairen Umgang mit Atombefürwortern.
Bis Ende Mai soll die Ethikkommission der Bundesregierung einen Bericht vorlegen
und darin Empfehlungen für eine „Energiewende mit Augenmaß“ geben, wie es Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) bei der Einsetzung des Gremiums formulierte. Der Kommission gehören
17 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an, darunter drei Vertreter der
Kirchen. Die katholische Kirche plant derzeit eine eigene Stellungnahme zum Thema
Atompolitik und Energiewende. Das Papier soll in noch im Mai erscheinen.
Der
Münchner Kardinal Reinhard Marx erklärte, in der öffentlichen Debatte müsse auch die
Frage nach einer Änderung des Lebensstils gestellt werden. „Mir wäre es zu wenig,
wenn wir jetzt nur noch über Atomenergie reden. Das ist eigentlich gelaufen. Aber
welche Folgen das hat und welche Herausforderungen damit verbunden sind, wird durch
die Ethikkommission mit angestoßen“, sagte Marx dem TV-Sender PHOENIX.
Auch
der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, warnte davor,
in Fragen der Energieversorgung „alles nur technisch und ökonomisch zu diskutieren“.
Der Ausstieg aus der Atomenergie sei innerhalb von zehn Jahren möglich; die Geschwindigkeit
werde aber letztlich davon abhängen, ob „im selben Tempo die Alternativen entsprechend
realisiert werden“. Glück regte die Schaffung einer Institution an, „die vielleicht
alle zwei bis drei Jahre unabhängig von Regierung oder Opposition den Prozess bewertet,
damit man gegebenenfalls nachkorrigieren kann.“ (kna 28.04.2011 gs)