Bei den Gouverneurswahlen
in Nigeria sind am vergangenen Dienstag drei Sprengsätze explodiert. Verletzte gab
es laut Regierungsangaben zwar keine. Viele Wahlbeobachter seien jedoch zu Hause geblieben,
und Wähler seien geflohen und hätten so ihre Stimme nicht abgeben können, hieß es.
Diese Anschläge reihen sich in die Gewalt nach den Wahlen im Land ein. Mit den
Gouverneurswahlen am Dienstag wurde in Nigeria zum dritten Mal innerhalb eines Monats
gewählt: Am 9. April fanden die Parlamentswahlen statt, am 16. April die Präsidentschaftswahlen.
Bei letzteren ging der christliche Amtsinhaber Goodluck Jonathan als Sieger hervor.
Jonathans Anhänger finden sich vor allem im Süden des Landes, die seines wichtigsten
Herausforderers, des ehemaligen Militärmachthabers Muhammadu Buhari, vor allem im
Norden. Die entfesselte Gewalt im Land wurde weitgehend auf diese Spannung – Muslime
im Norden gegen Christen im Süden – erklärt. Der Caritasdirektor Nigerias Obiora Ike
sagte bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien, dass die religiösen Spannungen
den jetzigen Konflikt allein nicht erklärten, weil nämlich „in 31 Bundesländern der
Nation Nigeria, auch im Norden bei den Muslimen, Präsident Jonathan klar gewonnen“
habe. Die Unruhen in verschiedenen Bundesländern halten seit rund zwei Wochen an.
Ike verwies auf den Begriff „Post election violence“. Jonathan habe in 31 von 36 Ländern
die Stimmenmehrheit erreicht, von den insgesamt rund 39 Millionen gültigen abgegebenen
Stimmen hätten rund 25 Millionen Jonathan gegolten. „Jonathan ist anerkannt“, betonte
Ike. Sein Gegner in der Wahl, General Buhari, hatte auch erklärt, nicht Anstifter
für die Unruhen zu sein. Wer hinter den Randalen steckt, sei unklar. Ike verwies auf
islamische Jugendliche im Norden des Landes, die bis 1999 jahrzehntelang vernachlässigt
worden sei. Sie hatten keinen Zugang zu Wohnungen, zu Arbeit, Ausbildung und zum politischen
Geschehen. „Diese kollektive Wut, vermute ich, kommt jetzt zum Ausdruck“, so Ike. Trotzdem
sieht Ike eine positive Entwicklung im Land, vor allem auch im Bereich der Demokratie.
Ike verwies auf mehr Selbstbewusstsein der Bevölkerung. Man wisse künftig, dass die
eigene Stimme Gewicht hätte und Wahlfälschung kaum mehr möglich sei. Und man werde
Politiker an ihren Taten und an ihrem Programm messen. Die – wie schon von unabhängigen
Wahlbeobachtern der Afrikanischen Union sowie des Europäischen Parlaments erklärten
– fairen und freien Wahlen stellen für Ike ein Zeichen der Hoffnung dar. Er spricht
von einem „neuen Nigeria“: „Unsere Demokratie in Nigeria wurde durch dieses
Geschenk gefestigt. Eine nächste Wahl wird noch besser sein, weil wir das dann digital
machen, computerisiert. Die Leute müssen dann nicht mehr Schlange stehen, sondern
man weiß automatisch das Wahlergebnis, da kann man nicht fälschen. Die neue Phase
Nigerias ist, wie wir auf Englisch sagen ‚We are moving on. The old order has changed’.“ (kap
27.04.2011 ord)