Das Bild des Papstes heute wird beherrscht vom kranken Mann der letzten Jahre. Erste
Anzeichen wurden bereits 1994 bemerkt, Zeitungen berichteten über den schwächer werdenden
Zustand der Gesundheit des Papstes. In den Jahren vor 2005 hat dieses Leiden und Siechen
sichtbar zugenommen. Es wurde Kritik laut, der Papst könne doch offensichtlich sein
Amt nicht mehr ausüben und müsse zurück treten. Johannes Paul aber war überzeugt davon,
dass auch das Alter und die Schwäche zum Leben dazu gehört. Und wie er seine gesamte
Amtszeit über alles was er tat kommuniziert hat, so wurde auch dieser Teil seines
Lebens öffentlich. Nicht aus Taktik, nicht aus Absicht, sondern weil es Teil des Papst-
und Menschenverständnisses Karol Wojtylas war. Die Leidensgeschichte des Papstes
beginnt aber nicht erst mit der Parkinson-Krankheit. Sie beginnt am 13. Mai 1981.
Es war während der gewohnten Mittwochsaudienz, als Ali Agca, ein damals 23. jähriger
Türke, auf den Papst schoss und ihn fast tötete. Es ist viel geschrieben und spekuliert
worden über die Hintergründe: Bulgarien sei der Strippenzieher gewesen, oder Russland
mit bulgarischer Hilfe. Erste Festnahmen gab es relativ schnell, aber wirklich aufgeklärt
werden konnte das Attentat bis heute nicht. Nicht zur Klarheit beitragen tun auch
die immer wirrer werdenden Interviews und Statements des Attentäters selbst, vom Kardinalstaatssekretär
bis zur CIA hat er so ziemlich alles beschuldigt, was sich so beschuldigen lässt. Direkt
danach und schon im Krankenbett beginnend schreibt Johannes Paul II. einen Text, Salvifici
Doloris, von der heilbringenden Kraft des Leidens (erschienen im Februar 1984):
„Christus
hat seinen Zuhörern die Notwendigkeit des Leidens nicht verborgen. Er sagte ganz klar:
‚Wer mein Jünger sein will..., nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach’.
An seine Jünger richtete er sittliche Forderungen, die sich nur unter ‚Selbstverleugnung’
erfüllen lassen. Der Weg, der zum Himmelreich führt, ist ‚eng und schmal’. … Verschieden
ist die Bereitschaft, die der Mensch bei seinem Leiden zeigt. Man darf jedoch voraussetzen,
dass jeder fast immer mit einem typisch menschlichen Protest und mit der Frage nach
dem »Warum« in sein Leiden eintritt. Ein jeder fragt sich nach dem Sinn des Leidens
und sucht auf seiner menschlichen Ebene eine Antwort auf diese Frage. Gewiss richtet
er diese Frage auch wiederholt an Gott und an Christus. Darüber hinaus kann er nicht
übersehen, dass derjenige, an den er seine Frage richtet, auch selbst leidet und ihm
vom Kreuz herab, aus der Mitte seines eigenen Leidens her, antworten will. Doch manchmal
braucht es Zeit, sogar lange Zeit, bis diese Antwort innerlich wahrgenommen werden
kann. Denn Christus antwortet nicht direkt, und er antwortet nicht in abstrakter Weise
auf diese Frage des Menschen nach dem Sinn des Leidens. Der Mensch hört seine rettende
Antwort erst, wenn er selbst mehr und mehr an den Leiden Christi teilnimmt.“