Nach dem monatelangen Bürgerkrieg sind in Elfenbeinküste immer noch tausende Menschen
auf der Flucht. Die Lebensbedingungen in vielen der überfüllten Flüchtlingslager sind
nach wie vor katastrophal, trotz internationaler Hilfe fehlt es am Allernötigsten
wie Lebensmittel und Medikamente. Viele der durch den Bürgerkrieg Vertriebenen haben
in katholischen Gemeinschaften Zuflucht gesucht. So auch in Youpougon, einem Vorort
der wochenlang heftig umkämpften Wirtschaftsmetropole Abidjan. Der Leiter der örtlichen
Missionsgemeinschaft Villaregia, Pater Amedeo Porcu, kümmert sich mit seinen Helfern
um rund 8.000 dieser Flüchtlinge.
„Hier in der Mission bieten wir verschiedenen
Personen, die einen Schlafplatz und Schutz suchen, ein Dach über dem Kopf. Die meisten
dieser Menschen sind von den Greueltaten der Milizsoldaten oder der liberianischen
Söldner geflüchtet. Sie sind hier, weil sie Schutz bei Gott suchen. Unter ihnen sind
Christen und Katholiken aber auch Nicht-Christen, die in der Kirche jene Mutter suchen,
die auf jeden Fall alle aufnimmt.“
Der Bürgerkrieg in Elfenbeinküste hat
eine Massenflucht ausgelöst. Nach Schätzungen des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen
sind in den vergangenen Monaten mehr als eine Million Menschen aus ihrer Heimat vertrieben
worden. Unter den blutigen Machtkämpfen hat vor allem die Zivilbevölkerung leiden
müssen.
„Unter den Vertriebenen sind alte Menschen, Frauen, Kinder, ganze
Familien, die aus jenen Regionen kommen, die besonders heftig umkämpft waren oder
stark bedroht waren. Mitten in der Nacht haben bewaffnete Männer die Wohnhäuser geplündert
und alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Gelegentlich haben sie auch
Menschen umgebracht, vor allem, wenn sie in den Häusern Menschen entdeckt haben, die
einer anderen Ethnie angehören oder die sie für Feinde gehalten haben. Vor kurzem
sind wir einer Frau zu Hilfe geeilt, die in ihrer Gegend von einer Granate verletzt
worden war. Ihr ganzes Bein war zu Brei zerquetscht. Wir haben sie mit unserem Auto
abholen müssen, um sie in ein nahes Krankenhaus zu bringen, und haben dabei wirklich
viel riskieren müssen.“
Die blutigen Kämpfe sind nach den Präsidentschaftswahlen
im vergangenen November ausgebrochen. Der bisherige Präsident Laurent Gbagbo hatte
sich geweigert, den international anerkannten Wahlsieg seines Herausforderers Alassane
Ouattara zu akzeptieren und abzutreten. Die Kämpfe zwischen den Anhängern beider Lager
haben erst nachgelassen, als vor zwei Wochen französische Spezialeinheiten Gbagbo
festgenommen hatten. Zum Frieden ist es aber noch ein langer Weg, so Pater Porcu:
„Wir
leben hier ohne Zweifel in einem Nest des Widerstands. Denn die Stadt, in der wir
leben, war immer schon auf der Seite des alten Präsidenten. Für die Menschen hier
ist es also nicht einfach, sich mit der neuen Situation anzufreunden. Es gibt hier
vor allem Söldner aus Liberia, die erst vor kurzem zu den Waffen gegriffen haben und
sie nicht so schnell niederlegen werden. Und dann sind da junge Milizsoldaten, die
sich sicherlich auch einen Vorteil verschaffen wollen: Die Immunität oder ein wenig
Geld, um die Waffen nieder zu legen. Außerdem hat die Verteilung der Waffen ohne jedes
Kriterium stattgefunden. Daher haben auch Kriminelle und Diebe eine Kalaschnikov in
die Hand bekommen.“
Papst Benedikt XVI. hat bei seinem Ostersegen am vergangenen
Sonntag unter anderem zum Frieden und zur Versöhnung in Elfenbeinküste aufgerufen.
Für Pater Porcu ein Zeichen der Hoffnung in dieser schwierigen Zeit:
„Mit
Sicherheit sind wir Zeugen sinnloser Grausamkeit geworden, die es manchmal schwer
macht, an das Gute im Herzen der Menschen zu glauben: rassistischer Hass, unglaubliche
Gewalt. Daher sind wir sicherlich manches Mal auf die Probe gestellt, ob wir nicht
unseren Mut verlieren. Ich glaube aber, dass uns unser Glaube trägt, dass wir die
Zeichen der Auferstehung auch in all dieser Trauer sehen können. Wir haben hier Helfer,
die rund um die Uhr, Tag und Nacht im Einsatz sind. Junge Mitglieder der Pfarre helfen
ebenfalls mit, genauso wie eine Gruppe von freiwilligen Ärzten, die mit den wenigen
Mitteln und Medikamenten, die wir hier haben, ihre Arbeit machen. Wir sehen also,
dass jenseits der Wahrnehmung, der Brutalität, die hervorbricht, in den Herzen der
Menschen etwas Unzerstörbares ist, das direkt von Gott selbst hineingelegt worden
ist: die Möglichkeit, zu lieben, der Wunsch nach einem friedlichen Leben, ist stärker
als alles andere. Der auferstandene Herr hat all diese Grausamkeit auf sich genommen,
damit der Mensch den Kopf wieder aufrichten kann. Wir warten darauf, dass sich dies
auch in unserer Geschichte geschieht und wir sind uns sicher: der Glaube trägt uns.“