„Urbi et Orbi“: Papst betet um Waffenruhe in Libyen – Grüße in 65 Sprachen
„Euch allen ein gesegnetes
und frohes Osterfest! Der Friede und die Freude des auferstandenen Herrn sei mit Euch!“
In Rom erteilte Papst Benedikt XVI. an diesem Ostersonntag Mittag seinen feierlichen
Segen „Urbi et Orbi“, also für die Stadt Rom und den Erdkreis, von der mittleren Loggia
des Petersdomes aus. Zehntausende von Pilgern aus aller Welt waren dazu in die Ewige
Stadt gekommen, Millionen von Menschen rund um den Globus waren per Radio und Fernsehen
live zugeschaltet. In seiner Ansprache betete der Papst auch um Frieden und Menschenwürde
für „die Völker des Nahen Ostens“. Wörtlich rief er: „Mögen in Libyen die Diplomatie
und der Dialog an die Stelle der Waffen treten und in der augenblicklichen Konfliktsituation
der humanitären Hilfe der Zugang zu denen erleichtert werden, die unter den Folgen
der Auseinandersetzung leiden!“
Bedeckter Himmel über Rom, und die „Piazza
San Pietro“ bis auf den letzten Platz gefüllt: Festlich präsentiert sich der Vatikan
an diesem Sonntag zum Hochfest der Auferstehung Jesu, dem Höhepunkt des Kirchenjahres.
Die Glocken läuten, die Schweizergarde präsentiert die Hellebarden, die vatikanische
und die italienische Hymne erklingen. Von der Benediktionsloggia des Petersdomes hängt
ein Teppich mit dem Papstwappen auf rotem Grund herab, und für den Blumenschmuck vor
der Fassade haben (schon zum 26. Mal in Folge) Floristen aus den Niederlanden gesorgt:
1.700 crèmefarbene Rosen am Balkon, zehn richtiggehende Gärten in den Vatikanfarben
Gelb und Weiß rund um den Papstaltar. „In resurrectione tua, Christe, coeli et terra
laetentur – In deiner Auferstehung, Christus, freuen sich Himmel und Erde“: Mit diesen
Worten aus dem Stundengebet der Kirche begrüßt Benedikt XVI. mit Mitra und goldbesetztem
Messgewand die Pilger und die Zugeschalteten.
„Der Morgen des Ostertages hat
uns die alte und stets neue Botschaft verkündet: Christus ist auferstanden! Das Echo
dieses Ereignisses, das vor zwanzig Jahrhunderten von Jerusalem ausging, klingt in
der Kirche fort... Bis zum heutigen Tag – auch in unserer Zeit der ultratechnologischen
Kommunikation – gründet der Glaube der Christen auf der Verkündigung, auf dem Zeugnis
der Schwestern und Brüder, die zuerst den weggewälzten Stein und das leere Grab gesehen
haben...“
Die Auferstehung Christi sei „nicht das Ergebnis von Spekulation
oder mystischer Erfahrung“, so der Papst: Vielmehr sei sie „ein Geschehen, das zwar
die Geschichte überschreitet, sich aber zu einem exakten Zeitpunkt der Geschichte
zuträgt und in ihr eine unauslöschliche Prägung hinterläßt“.
„Das Licht,
das die am Grab Jesu aufgestellten Wachen blendete, hat Zeit und Raum durchdrungen.
Es ist ein anderes, ein göttliches Licht, das die Finsternis des Todes zerrissen und
in die Welt den Glanz Gottes gebracht hat, den Glanz der Wahrheit und des Guten.“
Wegen
der Auferstehung Jesu freue sich heute „der ganze Kosmos“, so Benedikt XVI.: Das österliche
Halleluja drücke „den stillen Jubel des Universums aus und besonders das Verlangen
einer jeden menschlichen Seele, die aufrichtig auf Gott hin offen ist“. Doch leider
sei die Erde heute noch viel zu wenig vom Osterjubel geprägt.
„Hier in
dieser Welt steht das österliche Halleluja noch im Gegensatz zum Klagen und Schreien,
das aus vielen schmerzvollen Situationen hervordringt: Elend, Hunger, Krankheit, Krieg
und Gewalt. Aber gerade deswegen ist Christus gestorben und auferstanden! Er ist gestorben
auch wegen unserer Sünden heute, und er ist auferstanden für die Erlösung unserer
heutigen Geschichte.“
Er wünsche sich, so sagt der Papst von der mittleren
Loga des Petersdomes aus, dass seine Botschaft besonders die Völker und Gemeinschaften
erreiche, „die gerade eine Zeit schweren Leids durchmachen“. Als erstes nennt er da
das Heilige Land, „das als erstes vom Licht des Auferstandenen überflutet wurde“.
„Das Leuchten Christi erreiche auch die Völker des Nahen Ostens, damit
das Licht des Friedens und der Menschenwürde die Finsternis der Teilung, des Hasses
und der Gewalt überwinde. Mögen in Libyen die Diplomatie und der Dialog an die Stelle
der Waffen treten und in der augenblicklichen Konfliktsituation der humanitären Hilfe
der Zugang zu denen erleichtert werden, die unter den Folgen der Auseinandersetzung
leiden. In den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens mögen alle Bürger – und im
besonderen die jungen Menschen – sich dafür einsetzen, das Gemeinwohl zu fördern und
Gesellschaften aufzubauen, in denen die Armut überwunden wird und jede politische
Entscheidung von der Achtung vor der menschlichen Person getragen ist.“
Mit
Nachdruck erinnert Benedikt XVI. an die vielen Vertriebenen und Flüchtlinge aus afrikanischen
Ländern, die in den letzten Wochen angesichts der Umwälzungen in Nahost und Nordafrika
versuchen, Europa zu erreichen: Ihnen gelte „die Solidarität aller“.
„Mögen
die Menschen guten Willens erleuchtet werden, ihr Herz zu öffnen und aufnahmebereit
zu sein, damit der dringenden Notlage so vieler Brüder und Schwestern in solidarischer
und abgestimmter Weise begegnet werden kann; allen, die sich in großherzigen Bemühungen
aufopfernd einsetzen und in dieser Hinsicht ein vorbildliches Zeugnis ablegen, gilt
unsere Ermutigung und Anerkennung.“
Der Papst betet auch für die Elfenbeinküste,
die erst jetzt aus bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen wieder herausfindet: „Möge
sich unter den Bevölkerungen dort das zivile Zusammenleben wieder einstellen“, betet
er. Das Land brauche dringend einen „Weg der Versöhnung und der Vergebung, um die
tiefen Wunden zu heilen, die die Gewalt in letzter Zeit geschlagen hat.“
„Möge
Japan Trost und Hoffnung finden, während es sich den dramatischen Folgen des jüngsten
Erdbebens stellt, und ebenso die Länder, die in den vergangenen Monaten durch Naturkatastrophen
heimgesucht wurden, die Leid und Angst hervorgerufen haben.“
Deutlicher
verhaltener als noch in seiner großen Grundsatzrede vor Diplomaten zum Jahresbeginn
erinnert der Papst auch an die Diskriminierung und Verfolgung von Christen in vielen
Teilen der Erde:
„Himmel und Erde mögen sich freuen über das Zeugnis derer,
die Widerspruch oder sogar Verfolgung wegen ihres Glaubens an Jesus, den Herrn, erleiden.
Die Verkündigung seiner siegreichen Auferstehung schenke ihnen Mut und Zuversicht.“
„Laßt uns in dieser verwundeten Welt hinter dem Auferstandenen hergehen
und das Halleluja singen“, sagt der Papst am Ende seiner Osterbotschaft:
„In
unserem Herzen sind Freude und Schmerz, auf unserem Gesicht Lächeln und Tränen. Das
ist unsere irdische Wirklichkeit. Aber Christus ist auferstanden, er lebt und geht
mit uns. Deshalb wollen wir singen und ... mit dem Blick auf den Himmel gerichtet
weitergehen.“
Und dann, vor dem Urbi-et-Orbi-Segen, Ostergrüße des Papstes
in 65 Sprachen, darunter in der Roma-Sprache, in der Sprache Jesu Aramäisch und auf
Esperanto. An den Schluß dieses Reigens setzt der Papst die offizielle Kirchensprache
Latein: „In resurrectione tua, Christe, caeli et terra laetentur.” Ein Kardinal erinnert
daran, dass der feierliche Segen des Papstes unter bestimmten Bedingungen auch für
alle gilt, die jetzt per Radio, Fernsehen oder Internet mit dabei sind, und dass damit
ein so genannter Ablass verbunden werden kann; daraufhin erteilt Benedikt XVI. den
traditionellen Segen für Rom und die Welt.