Für alle Christen ist Ostern das wichtigste Fest - doch sie feiern es nicht alle am
selben Tag. Denn die Kirchen des Ostens und Westens benutzen verschiedene Methoden,
um den Termin in Abhängigkeit von Frühlingsbeginn und Mondzyklus zu ermitteln. Seit
dem Konzil von Nizäa (325) galt die Faustregel: Ostern ist am Sonntag nach dem ersten
Frühlingsvollmond. Der Teufel steckt im Detail, nämlich in der Berechnung der Tagundnachtgleiche.
Im Wesentlichen aber war man sich bis 1528 einig. Dann stellten Astronomen fest, dass
der julianische Kalender etwa elf Minuten pro Jahr nachging, also rund alle 130 Jahre
einen Tag. Papst Gregor XIII. (1572-1585) korrigierte den Fehler - ohne die Ostkirchen.
Erst als sich in den Ländern der Orthodoxie das gregorianische Modell für die bürgerliche
Zeitrechnung durchsetzte, versuchten die Ostkirchen 1923 eine Reform des julianischen
Kalenders. Das Projekt endete in Spaltung: Einige Kirchen, etwa in Griechenland, Polen
und den USA, befürworteten die Revision, andere wie die Russisch-Orthodoxen und Armenier
lehnten sie ab. Ein Hauptzweck, nämlich ein gemeinsames Osterdatum mit dem Westen,
blieb unerreicht; um der Einheit der Orthodoxie willen gilt weiter die alte Berechnung.
Dessen ungeachtet nutzen orthodoxe Finnen und Esten den westlichen Kalender, während
Katholiken auf der griechischen Insel Syros sich mit dem Osterfest nach den orthodoxen
Nachbarn richten. Die verschiedenen Berechnungen haben zur Folge, dass die Osterfeiern
bis zu fünf Wochen auseinander liegen. In diesem Jahr fällt das Osterdatum jedoch
auf den gleichen Termin. Das sorgt in Jerusalem für erhöhten Pilgerandrang - und für
neue Komplikationen, wenn sechs Konfessionen gleichzeitig in der Grabeskirche die
Auferstehung Christi feiern.