Kreuzweg: „Gott kann in jeder Lage Leben schenken"
Tausende Gläubige,
Pilger und Besucher haben am Karfreitag Abend mit Benedikt XVI. den traditionellen
Kreuzweg am römischen Kolosseum gebetet. Die Andacht vor dem mit Fackeln erleuchteten
antiken Monument gilt als eine der schönsten Feiern der Kar- und Ostertage mit dem
Papst. Mit dem Schreiben der Meditationstexte hatte Benedikt in diesem Jahr die Augustiner-Eremitin
Maria Rita Piccione beauftragt. Erstmals waren, auf den Wunsch der Verfasserin hin,
Kinder in den Kreuzweg eingebunden: ein Mädchen und ein Junge verlasen abwechselnd
pro Station je einen Satz, den Schlüssel zum Verständnis der Meditation. Sie wolle
damit auf das vielfältige Leid gekränkter und ausgebeuteter Kinder in den Ländern
der Welt aufmerksam machen, so Schwester Maria Rita Piccione.
In ihren ganz
aus der Kontemplation entwickelten Texten lud die italienische Klausurnonne dazu ein,
Jesu Leidensweg vom Todesurteil bis zur Grablege auf seine Tragweite für jeden einzelnen
hin zu ergründen. Kein Christ dürfe sich blind für die Nöte armer und schutzloser
Menschen stellen, sondern sein Herz öffnen. So heißt es in der zweiten Station, „Jesus
nimmt das Kreuz auf sich“:
„Ständig wiederholt sich die Geschichte des
verletzten Herzens des Menschen: seine Kläglichkeit, seine Unfähigkeit, von sich aus
den Blick zu erheben, um sich nicht von den Illusionen des kleinen persönlichen Vorteils
täuschen zu lassen, sondern sich zu befreien und hinaufzuschwingen, im freien Flug
getragen von Güte und Redlichkeit“.
„Jesus stellt nicht die Macht unter
Beweis, sondern lehrt die Geduld“, heißt es in der siebenten Station, als Jesus zum
zweiten Mal unter dem Kreuz fällt. Das habe Rückwirkungen auf die ganze Menschheitsgeschichte,
so der Meditationstext dazu, der an die Christenverfolgung erinnert:
„Jesus
hat die Last der Verfolgung der Kirche von gestern und von heute getragen – jener
Verfolgung, die die Christen im Namen eines Gottes tötet, dem die Liebe fremd ist…
Jesus hat mit seinem Kreuz die Last der Verfolgung seiner Diener und Jünger getragen,
derjenigen, welche mit Liebe auf Hass regieren, mit Sanftmut auf Gewalt. Jesus hat
mit seinem Kreuz die Last der übertriebenen „Eigenliebe“ getragen, „die bis zur Verachtung
Gottes geht“ und den Mitmenschen mit Füßen tritt.“
Das schlichte schwarze
Holzkreuz wurde abwechselnd von dem römischen Kardinalvikar Agostino Vallini, einer
römischen und einer äthiopischen Familie, zwei Franziskanern aus dem Heiligen Land,
zwei Augustinerinnen, einem Rollstuhlfahrer und zwei jungen Menschen aus Ägypten getragen.
Das Kreuz lädt Christen dazu ein, an Gottes Wirken in der Welt zu glauben,
sagte Papst Benedikt in einer kurzen, vorbereiteten Ansprache am Ende der Via Crucis.
Es sei
„nicht das Siegeszeichen des Todes, der Sünde und des Bösen, sondern
das leuchtende Zeichen der Liebe, ja, der Weite der Liebe Gottes… Das Kreuz spricht
zu uns von der äußersten Liebe Gottes und lädt uns ein, zu glauben, dass Gott in jeder
Situation unseres Lebens, der Geschichte und der Welt imstande ist, den Tod, die Sünde,
das Böse zu besiegen und uns ein neues, auferstandenes Leben zu schenken.“ (rv
23.04.2011 gs)