Benedikt XVI. in der Osternacht: „Wir feiern den Sieg des Schöpfers und der Schöpfung“
Der Gedanke der neuen
Schöpfung in Christus stand im Zentrum der Predigt Papst Benedikt XVI. in der Osternacht.
Der Papst begann seine Gedanken mit den Lesungen, genauer: mit der ersten Lesung der
Osternacht, der Schöpfungsgeschichte:
„Die Wanderung durch die Wege der
Heiligen Schrift beginnt in der Osternacht mit dem Schöpfungsbericht. Auch der Schöpfungsbericht
ist Prophetie, will uns damit die Liturgie sagen. Er ist nicht eine Information über
den äußeren Hergang des Werdens von Kosmos und Mensch. Den Vätern der Kirche war das
sehr bewusst. Sie haben den Bericht nicht als Erzählung über den Verlauf der Entstehung
der Dinge verstanden, sondern als Weisung zum Wesentlichen, zum wahren Ursprung und
zum Ziel unseres Seins.“
Ließe man die Schöpfung weg, dann würde die Geschichte
Gottes klein und wir würden die wahre Größenordnung nicht mehr verstehen, so der Papst.
„Die Kirche ist nicht irgendeine Vereinigung, die sich um die religiösen
Bedürfnisse der Menschen kümmert, aber eben ihr beschränktes Vereinsziel hat. Nein,
sie bringt den Menschen in Berührung mit Gott und so mit dem Ursprung aller Dinge.
Deshalb geht Gott uns als Schöpfer an, und deswegen tragen wir Verantwortung für die
Schöpfung.“
Das Leben im Glauben der Kirche umfasse nicht nur einen Bereich
von Empfindungen und Gefühlen und vielleicht von moralischen Verpflichtungen, so Benedikt,
es umfasse den Menschen ganz, und dazu gehöre eben auch die Schöpfung.
„Es
ist nicht so, dass in dem sich ausdehnenden Universum am Ende in irgendeinem kleinen
Winkel des Alls zufällig auch eine Art von Lebewesen entstand, die denken kann und
versuchen kann, Vernunft in der Schöpfung zu finden oder in sie hineinzubringen. Wäre
der Mensch nur ein solches Zufallsprodukt der Evolution irgendwo am Rand des Alls,
dann wäre sein Leben sinnlos oder gar eine Störung der Natur.“
Mit dem
Evangelisten Johannes verortete der Papst den Beginn in der Vernunft, in der Freiheit.
Gott habe diese Welt eben nicht zufällig, sondern bewusst geschaffen. Hier hinein
gehöre auch die Beziehung, der Bund, zwischen Gott und Mensch, nichts nachträglich
in die Welt gekommenes:
„Der Bund, das Miteinander von Gott und Mensch ist
in der Schöpfung von Grund auf angelegt. Ja, der Bund ist der innere Grund der Schöpfung,
wie die Schöpfung die äußere Bedingung des Bundes ist. Gott hat die Welt gemacht,
damit eine Stelle sei, an der er seine Liebe mitteilen kann und von der aus die Antwort
der Liebe zu ihm zurückkehrt. Vor Gott ist das Herz des Menschen, das ihm antwortet,
größer und wichtiger als der ganze gewaltige, materielle Kosmos, der uns freilich
etwas von Gottes Größe ahnen lässt.“
Diese Größe, so der Papst, ereigne
sich neu und für alle sichtbar am Osterfest. Während die Schöpfungsordnung einen abschließenden
Tag der Ruhe für den Menschen, den Sabbat als Zeichen der Verbundenheit, vorsieht,
sei dies mit Christus umgedreht:
„An die Stelle des Sabbats, des siebten
Tags, tritt der erste Tag. Als Tag der gottesdienstlichen Versammlung ist er der Tag
der Begegnung mit Gott durch Jesus Christus, der am ersten Tag, am Sonntag, den Seinen
als Auferstandener begegnete, nachdem sie das Grab leer gefunden hatten. Die Wochenstruktur
ist nun umgekehrt. Sie läuft nicht mehr auf den siebten Tag zu, um dort an Gottes
Ruhe teilzunehmen. Sie beginnt mit dem ersten Tag als Tag der Begegnung mit dem Auferstandenen.
… Diese Änderung ist ein unerhörter Vorgang, wenn man bedenkt, daß der Sabbat, der
siebte Tag als Tag der Begegnung mit Gott zutiefst im Alten Testament verankert ist.
Wenn wir beachten, wie sehr der Weg von der Arbeit zum Tag der Ruhe auch einer natürlichen
Logik entspricht, wird das Dramatische dieses Umschwungs noch deutlicher.“
Dieser
„revolutionäre Vorgang“, so Benedikt, habe geradezu etwas Umstürzendes an sich. Der
erste Tag, der Tag der Auferstehung, der Tag nach dem Sabbat, werde erneut zum ersten
Tag, aber einer neuen Schöpfung.
„Wir feiern damit Gott, den Schöpfer und
seine Schöpfung. Ja, ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. …
Wir feiern den endgültigen Sieg des Schöpfers und seiner Schöpfung. Wir feiern diesen
Tag als Ursprung und zugleich als Ziel unseres Lebens. Wir feiern ihn, weil nun vom
Auferstandenen her endgültig gilt, dass die Vernunft stärker ist als die Unvernunft,
die Wahrheit stärker als die Lüge, die Liebe stärker als der Tod. Wir feiern den ersten
Tag, weil wir wissen, dass der dunkle Strich, der die Schöpfung durchzieht, nicht
für immer bleibt. Wir feiern ihn, weil wir wissen, dass nun endgültig gilt, was am
Ende des Schöpfungsberichts gesagt ist: ‚Gott sah alles an, was er gemacht hatte:
Es war sehr gut’“. (rv 23.04.2011 ord)