Medizinerin zur PID: „Keine Diagnostik, sondern Tötung“
Ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik
(PID) ohne Wenn und Aber – das fordern deutsche Lebensschützer vor der aktuellen Debatte
im Bundestag. An diesem Donnerstag werden die Abgeordneten in erster Lesung drei fraktionsübergreifende
Gesetzesentwürfe zur Regelung der umstrittenen Methode diskutieren. Bei der PID werden
im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib genetisch
untersucht und jene aussortiert, die Anzeichen von Krankheiten zeigen. In Frankreich
und Großbritannien ist diese Methode bereits erlaubt. Für ein Verbot des Verfahrens
plädiert eine Gruppe von 192 Abgeordneten um den stellvertretenden Vorsitzenden der
Unionsfraktion Johannes Singhammer (CSU) und die gesundheitspolitische Sprecherin
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Birgitt Bender. Aus ihrer Sicht gefährdet die PID
„die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt“. Die Medizinerin Claudia Kaminski, Leiterin
der Aktion Lebensrecht für alle (ALfA) und hauptberuflich bei den Maltesern in Deutschland
tätig, sieht das genauso. Sie sagte im Gespräch mit uns: „Der Hauptgrund für
die Ablehnung der PID ist natürlich, dass es sich eigentlich nicht um eine Diagnostik
handelt, sondern um ein reines Selektionsverfahren. Das heißt, es wird nach der Befruchtung
untersucht, welche Merkmale der entstandene kleine Mensch hat, und danach wird entschieden,
ob er es wert ist, eingesetzt zu werden in den Mutterleib oder nicht. Genetische Defekte
sollen also ausgesondert und selektiert werden, bestimmte Merkmale, die nicht erwünscht
sind, und nur dazu dient die PID oder eben Präimplantationsselektion. Denn es wird
zwar diagnostiziert, aber bei Diagnostik glaubt der Mensch auch immer, dass irgendeine
Therapie folgt, weil er das so gewohnt ist vom Arzt. Bei der PID gibt es keine Therapie.
Es gibt nur die Tötung.“ Darüber hinaus sei die Bewertung eines Menschen nach
„lebenswert“ und „nicht lebenswert“ ein „fatales Signal“ für Menschen mit Behinderungen
oder schweren Krankheiten, so Kaminski: „Die sind in Deutschland zu Recht besonders
geschützt und müssen sich eigentlich, wenn PID zugelassen würde, in Deutschland diskriminiert
fühlen.“ Die katholische Kirche vertritt den Standpunkt, dass menschliches
Leben in jedem Fall mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnt – unabhängig
davon, „ob das auf natürlichem Wege geschieht oder durch künstliche Befruchtung“,
fügt Kaminski hinzu. Darüber hinaus sei die Chance, mit PID ein lebensfähiges Kind
zu bekommen, nicht höher als ohne PID, entkräftet Kaminski ein Argument der Anbieter
dieser Methode. Es sei geradezu das Gegenteil wahr. „Fakt ist, dass wir in
Deutschland eine Erfolgsquote von zehn Prozent bei künstlicher Befruchtung haben.
Wenn PID durchgeführt wird, liegt im europäischen Bereich die Rate sogar nur noch
bei 6,2 Prozent. Das heißt, man hat durch die PID keine Verbesserung, sondern eher
eine Verschlechterung der so genannten Baby-Take-Home-Rate.“ Die beiden anderen
Gesetzesentwürfe befürworten eine begrenzte Zulassung der PID – und zwar in Fällen,
in denen das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht lebensfähig wäre oder vor dem
ersten Geburtstag sterben würde. Die Gruppe um die gesundheitspolitische Sprecherin
der FDP Ulrike Flach und den CDU-Abgeordneten Peter Hintze verweist zudem auf eine
aus ihrer Sicht „widersprüchliche Regelung“ zum Lebensschutz in Deutschland: Der Bundesgerichtshof
habe in einem Urteil vom Juli 2010 darauf hingewiesen, dass es widersprüchlich wäre,
einerseits die belastenden Abtreibungen in späteren Phasen der Schwangerschaft straffrei
zu lassen und andererseits „die PID, die auf einem weitaus weniger belastenden Weg
dasselbe Ziel verfolgt, bei Strafe zu untersagen“. Auch der Vorsitzende des „Bundesverbandes
Lebensrecht“, Martin Lohmann, fordert von den Abgeordneten ein klares Verbot der PID.
Wer eine wirklich humane Gesellschaft wolle, müsse "alles für das Lebensrecht und
gegen die Unkultur des Tötens tun“, so der christliche Lebensschützer. Lohmann appelliert
an die Abgeordneten, stellvertretend für das Volk, ihrem Gewissen und ihrer Verantwortung
zu folgen. (rv/deutscherbundestag/pm 13.04.2011 pr)