2011-04-13 15:11:20

D: Grenzkontrollen gegen Flüchtlinge?


RealAudioMP3 Das Flüchtlingsdrama aus Nordafrika spaltet die europäische Union. Der Streit eskalierte, als Italiens Premier Berlusconi damit drohte, allen Flüchtlingen eine befristete Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen. Der Freistaat Bayern hat bereits angekündigt, in diesem Fall gegen das Schengen-Abkommen zu verstoßen und an den Grenzen zu Österreich wieder Kontrollen einzuführen. Im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio hegt der Jurist Heiko Habbe vom Jesuitenflüchtlingsdienst in Berlin ernsthafte Zweifel an einer solchen Maßnahme:

„Zunächst einmal muss man fragen, ob das eine rechtmäßige Maßnahme ist. Die Binnengrenzkontrollen in der EU sind ja abgeschafft und dürfen auch nur im absoluten Ausnahmefall wieder eingeführt werden. Die Voraussetzung ist da eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit. Ob die vermutete Einreise einiger Menschen aus Tunesien mit italienischem Aufenthaltstitel, die unter Umständen als Touristenvisum für Deutschland gültig wären, diese Voraussetzung erfüllt, da erlaube ich mir, ehrlich gesagt, Zweifel.“

Bislang hat die Europäische Union abgelehnt, Italien bei der Aufnahme illegaler Einwanderer zu unterstützen. Dabei ist die Lage vieler Flüchtlinge in Italien besorgniserregend.

„Uns erreichen Berichte, dass dort Asylsuchende, aber auch Menschen, denen Italien einen Schutzstatus zugestanden hat, weder in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, weil sie keine Arbeit finden, auf der anderen Seite überhaupt keine Unterstützung vom italienischen Staat bekommen. Die Folge ist dann, dass diese Menschen in Slum-ähnlichen Bretterhütten auf aufgelassenen Flächen campieren oder in aufgelassenen Bürogebäuden. Dort leben zweihundert Menschen auf einer Etage und es gibt nur eine Toilette für alle zusammen. Das sind Lebensverhältnisse, die man niemandem zumuten kann. Von daher sehen wir schon die Europäische Union in der Pflicht, diese Situation jetzt gemeinsam zu meistern.“

Unterdessen beraten vor allem Deutschland, Österreich und Frankreich über verschärfte Grenzkontrollen. Im Europaparlament scheint sich dagegen eine Mehrheit für eine gemeinsame Hilfe im Falle kurzfristig auftretender Flüchtlingsströme abzuzeichnen.
(kirchenradio.de/rv 13.04.2011 ak)








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