Für viele war der
Machtwechsel im deutschen Bundesland Baden-Württemberg eine große Überraschung. Die
Grünen konnten ihre Stimmen fast verdoppeln. Ihr Spitzenkandidat Winfried Kretschmann
hat jetzt große Chancen, erster Ministerpräsident mit grünem Parteibuch zu werden.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, lobt Kretschmann,
der ebenfalls dem ZdK angehört, für seine offen katholische Haltung.
„Ein
Grüner als Ministerpräsident ist eine historische Zäsur. Bei den Grünen wie auch bei
anderen Parteien – ich nehme als Beispiel durchaus auch die SPD in den letzten Jahrzehnten
– gibt es ja seit jeher engagierte Katholiken. Kretschmann ist einer, der innerhalb
des Spektrums der Grünen diese Position ganz offensichtlich vertritt. So gesehen ist
diese Entwicklung völlig neu. Ein Grüner als Ministerpräsident, das ist natürlich
schon, man kann sagen, ein historisches Ereignis.“
Am vergangenen Donnerstag
haben zwischen den Grünen und den Sozialdemokraten in Baden-Württemberg erste Koalitionsgespräche
begonnen. Zentrale Themen der Verhandlungen sind der Ausstieg aus der Atomkraft sowie
die Zukunft des umstrittenen Bahnhofprojektes Stuttgart 21. Dem designierten Ministerpräsidenten
Kretschmann streut Glück - übrigens CSU-Mitglied - aber bereits im Vorfeld Rosen:
„Er
lebt seit jeher in der Partei in einem sehr starken Spannungsfeld. Er wird nichts
tun, wo er seine Grundsätze verraten müsste, so kenne ich ihn. Er ist ein sehr verantwortungsbewusster,
prinzipientreuer Mensch. Inwieweit sich christliche Politik gestalten lässt, auch
mit dem Koalitionspartner, ist nochmals eine andere Frage. Wobei hier zunächst genauer
zu hinterfragen wäre, was man unter diesem Begriff (der christlichen Politik, Anm.d.Red.)
versteht. Eine andere Frage ist, inwieweit es von den Verhältnissen her jeweils realisiert
werden kann."
Bei Kanzlerin Angela Merkel sieht Glück dagegen eine Schwachstelle
bei politischen Visionen. Die Kanzlerin habe zwar Wertvorstellungen, könne den Menschen
aber keine Orientierung geben. In der Union fehlt es laut Glück zudem an engagierten
Christen, und hier sei wiederum die Kirche gefordert, Gläubige für eine stärkere Mitarbeit
in den Parteien zu ermutigen. (muenchner kirchenradio/rv 01.04.2011 ak)