Der Gründer der römischen Basisgemeinschaft Sant´Egidio kritisiert die EU. Sie gebe
in der libyschen Krise ein jämmerliches Bild der Uneinigkeit ab, meinte Andrea Riccardi
in einem Interview. Der Historiker Riccardi, der auch Träger des Aachener Karlspreises
ist, nennt den alliierten Militäreinsatz über Libyen „verspätet und in diplomatischer
Hinsicht nicht vorbereitet“. Allerdings habe man „nicht zulassen dürfen, dass Gaddafi
sein Volk bombardiert“. Es sei auch die „Auflösung Europas, die Gaddafi erlaubt, aus
unseren Spaltungen und Schwächen Vorteil zu ziehen“. Natürlich müsse in Libyen eine
Lösung durch Verhandlungen gesucht werden: „Aber um zu verhandeln, braucht man eine
starke Identität, und die hat Europa nicht.“ Schließlich habe die EU „keine gemeinsame
Verteidigung, keine gemeinsame Stimme, keine gemeinsame Migrationspolitik“. Und wörtlich:
„Darum sind wir jetzt wegen einiger Tausend Ankömmlinge in Panik.“ Er erinnere sich
noch, dass „800.000 Menschen kamen, als Portugal seine Kolonien in Afrika verlor“.
Das „kleine Italien“ habe „mit diesem Schlag durchaus umgehen können“.