Mit der Vatikan-Stiftung
„Vorhof der Völker” zum Dialog mit Atheisten erweckt der Päpstliche Kulturrat in gewisser
Weise das frühere Vatikan-Sekretariat für die Nichtglaubenden zum Leben, das in den
neunziger Jahren im Kulturrat „aufgegangen“ war. Stefan Kempis berichtet aus Paris.
Dass das Gespräch mit den Nichtglaubenden in der Pariser Unesco begonnen wird,
macht klar: Der Vatikan zielt von Anfang an hoch. Er will das Herz der zeitgenössischen
Kultur erreichen, für das die Kultur- und Wissenschaftsorganisation der Vereinten
Nationen steht. Auch die weiteren Stationen des Gesprächs am Freitag, nämlich Sorbonne-Universität
und „Académie francaise“, zeigen, dass der Heilige Stuhl sich mit der Gottesfrage
direkt an die intellektuelle Szene von Paris wendet, die noch von altem Ruhm aus den
Zeiten Sartres zehrt. Innerkirchlich wirkt es schlau, dass das „Centre des Bernardins“,
an dem auch schon der Papst zu Besuch war, von Anfang an mit eingebunden ist: Diese
Einrichtung versucht nämlich im Herzen von Paris täglich den Brückenschlag des Katholischen
hinüber in die akademische und intellektuelle Stadt, sie könnte das Anliegen des „Vorhofs
der Völker“ hier verstetigen.
Aufhorchen lässt, dass die Planer noch nicht
einmal ein Grußwort des Ortsbischofs, also Kardinal André Vingt-Trois, vorgesehen
haben – kein Affront, denn das „Institut Catholique de Paris“ macht ja mit in diesen
Tagen, aber doch ein kleines Signal. Den Vorwurf, der Vatikan rede mit Atheisten und
Agnostikern, ohne in ausreichender Weise die Ortskirche zu beteiligen, gab es schon
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Damals führte Kardinal Franz König das
Päpstliche Sekretariat für den Dialog mit den Nichtglaubenden und suchte das Gespräch
mit marxistischen Herrschern und Denkern hinter dem Eisernen Vorhang. Auch die islamischen
und jüdischen Institutionen oder die Kirchen der Reformation sind beim Start des „Vorhofs
der Völker“ nur Zuschauer.