Abertausende Menschen
sind derzeit in Libyen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. Die Luftangriffe der Alliierten
hat daran nichts geändert, im Gegenteil. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen haben
seit Ende Februar mehr als 300.000 Menschen das Land verlassen, die meisten davon
nach Tunesien und Ägypten. Im Gespräch mit Radio Vatikan schildert Lorenz Yolles vom
UNO-Flüchtlingskommissariat die aktuelle Lage an der Grenze zu Ägypten.
„Es
ist schwierig, genaue Zahlen zu bekommen. Fest steht, dass viele Menschen, vor allem
Familien, an die libysch-ägyptische Grenze gekommen sind. Seit dem Ausbruch der Gewalt
sind rund 15.000 Menschen, die meisten davon libysche Staatsbürger, über die Grenze
nach Ägypten geflohen. Die ägyptische Grenze ist also relativ offen. Viele dieser
Flüchtlinge hatten Angst vor Übergriffen und sind deshalb geflohen. In den letzten
Tagen war es hier an der Grenze aber relativ ruhig.“
Mehrere tausend Menschen
sitzen derzeit im Niemandsland zwischen den Grenzen fest. Viele von ihnen sind Gastarbeiter
aus anderen afrikanischen Ländern. An der ägyptischen Grenze befinden sich derzeit
rund 2.000 Personen aus dem Tschad, die nicht über die Grenze können. Die Rebellen
halten sie für Gadaffi-Söldner, da Libyen mit der Regierung im Tschad eng zusammen
arbeitet. Für sie gibt es derzeit praktisch keine Versorgung.
„Vielen Flüchtlingen
geht es schlecht, die Situation ist schwierig. Zurzeit verhandeln wir mit den ägyptischen
Behörden, um die Erlaubnis zu erhalten, den Flüchtlingen auf der ägyptischen Seite
der Grenze helfen zu können. Die Mühlen der Bürokratie mahlen aber sehr langsam. Wir
hoffen aber, dass es bald besser wird. Hier gibt es keine Auffanglager, wie wir sie
normalerweise in solchen Situationen aufbauen. Die ägyptischen Behörden glauben, dass
die meisten Flüchtlinge weiterziehen und nicht über längere Zeit hier bleiben werden.
Wenn aber die Lage in Benghasi weiter eskaliert, könnten viele Flüchtlinge hier her
kommen, die nicht die Mittel haben werden, um weiter zu ziehen, und denen man daher
helfen muss.“
Viele Flüchtlinge berichten, dass in Libyen mittlerweile
die Lebensmittel knapp werden. Die Preise für Brot und Reis hätten sich bereits verdoppelt.
Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass mittlerweile täglich bis zu 2.500 Menschen
Libyen verlassen. Demnach berechnet die UNO die Kosten für ihren Hilfseinsatz auf
mehr als drei Millionen Dollar pro Tag.