Das UNO-Flugverbot über Libyen stößt in der evangelischen Kirche Deutschlands auf
Kritik. Die Maßnahme sei zwar durch das UNO-Mandat legitimiert, sagte Pressesprecher
Reinhard Mawick der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Trotzdem stehe die EKD
militärischen Interventionen „mit äußerster Zurückhaltung“ gegenüber, da es schwer
sei, den Verlauf vorherzusagen. Mawick wörtlich: „Wohin das führen kann, sehen wir
am Beispiel der Intervention in Afghanistan.“ Dort sei das Ziel unklar und ein Ende
nicht abzusehen. Ähnlich äußerten sich der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms und
Militärbischof Martin Dutzmann. Brahms begrüßte die zögernde Haltung der deutschen
Regierung. Angesichts vieler offener Fragen sei ein militärisches Eingreifen in Libyen
nicht sinnvoll und friedensethisch auch nicht zu rechtfertigen. Die Erfahrung zeige,
dass Militäraktionen in der Regel eher eskalieren, anstatt zu Verhandlungen zu führen.
Brahms bedauerte, dass frühere Verbündete Libyens wie der französische Präsident Nicolas
Sarkozy keine erkennbaren Versuche unternommen hätten, Gaddafi zum Einlenken zu bewegen.
Umso wichtiger sei es, dass Länder wie Deutschland als mögliche Vermittler bereitstünden.
Ebenso notwendig sei es, die nach Freiheit strebenden Libyer politisch und humanitär
zu unterstützen. Die nach Tunesien und Ägypten geflüchteten Libyer seien dringend
auf Hilfe angewiesen. Allein in der Nähe der tunesischen Küstenstadt Zarzis wurden
drei größere Lager für 18.000 Menschen eingerichtet.
Frieden Dutzmann
erinnerte an die EKD-Friedensdenkschrift aus dem Jahr 2007. Darin heißt es, dass man
den Frieden vorbereiten müsse, wenn man Frieden wolle. Zum jetzigen Zeitpunkt widerspräche
ein militärisches Eingreifen in Libyen dieser Maxime, so Dutzmann gegenüber idea.
Ein Flugverbot lasse sich nur durch die Bombardierung von Flugplätzen und den Abschuss
von Flugzeugen durchsetzen. Dabei seien weder ein Konzept noch eine Perspektive erkennbar.
Die Frage, was der Einsatz von Gewalt erreichen könne, bleibe bisher unbeantwortet.
Hintergrund 97
Prozent der 6,4 Millionen Einwohner Libyens sind Muslime. Die Zahl der Katholiken
liegt bei 75.000. Die wenigen evangelikalen Christen versammeln sich im Untergrund.