Es gibt Gesprächsbedarf in der Kirche. Mit dieser Feststellung beginnen die in Paderborn
versammelten deutschen Bischöfe ihren angekündigten Brief an die Basis der Kirche,
an die Gemeinden. Die Bischöfe gehen auf die Übergangssituation ein, in der sie
die Kirche in Deutschland sehen. „Vor uns liegen Herausforderungen, die mit der veränderten
Rolle von Religion und Gottesglaube in einer säkularer gewordenen Gesellschaft zu
tun haben“. Die Missbrauchsskandale seien ein aktueller Anlass für diesen Gesprächsbedarf,
die eigentlichen Fragen lägen aber noch darunter und haben ihre Ursache „im Auseinanderbrechen
von Evangelium und heutiger Kultur“. Über das Glauben und Kirchesein in der Kultur
von heute müsse man neu zu Gemeinsamkeiten kommen. Die größte Gefahr sehen die
Bischöfe darin, „dass wir uns in unserer Kirche so zerstreiten, dass Brücken abgebrochen
und bestehende Einheit aufgegeben wird. Auf Barrikaden lässt sich bekanntlich schlecht
miteinander reden“. Die vielfach schon bestehende innere Zerstrittenheit zwischen
einzelnen Gruppen verhindere ein echtes Gespräch, hier werde die Dringlichkeit des
Gesprächsbedarfes besonders deutlich. Vor allem rufen sie zu „emotionaler Abrüstung“
in der Debatte auf, alle Argumente müssten gewichtet und geprüft werden, und genau
das wolle die deutsche Kirche auch tun, aber dabei liege die Wichtigkeit nicht in
der Aufregung: „An den Früchten erkennt man das Wirken des Geistes Gottes, nicht an
Emotionen“. Konkrete Zu- oder Absagen machen die Bischöfe zu keinem inhaltlichen
Thema. Stattdessen will man sich die nächsten Jahre für einen längeren Gesprächsprozess
Zeit nehmen. Bis 2015 wird die Bischofskonferenz jährlich zu einem Jahresthema Treffen
veranstalten, gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken wird es eine
Konferenz zu „Priester und Laien in der Kirche“ geben, größere kirchliche Ereignisse
wie die Katholikentage sollen ebenfalls dazu genutzt werden. Am 8. und 9. Juli soll
dieser Gesprächsprozess in Mannheim offiziell begonnen werden, münden soll er in der
Feier des Konzilsjubiläums 2015, 50 Jahre nach dessen Ende. Interessant an dem
Schreiben: Der in den vergangen Monaten so oft benutzte Begriff „Dialog“ taucht nirgends
auf, stattdessen sprechen sie von „Gespräch“. Die polemische Stellungnahme wird vermieden,
das Gespräch belastende Vorentscheidungen werden nicht getroffen. Der Brief der Bischöfe
endet mit der Einladung an alle, sich an diesem Gesprächsprozess zu beteiligen.