2011-03-17 14:00:56

Arabien-Bischof: „Revolutionen brauchen Zeit“


RealAudioMP3 In Bahrain droht nach Einschätzung des zuständigen Bischofs im aktuellen Konflikt eine politische Instrumentalisierung der Religion. „Es ist ein politischer Konflikt, von dem die religiöse Komponente nicht zu trennen ist“, sagt der Schweizer Kapuziner und Bischof von Arabien, Paul Hinder, der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der sunnitischen Führungsschicht stehe eine schiitische Bevölkerungsmehrheit gegenüber, die sich diskriminiert fühle. Angesichts der starken Parteinahme von außen gebe es die Gefahr, dass „religiöse Spannungen noch mehr politisch instrumentalisiert werden“, sagt Hinder unter Verweis auf angebliche Attacken von Schiiten auf sunnitische Ausländer. Gegenüber unseren französischsprachigen Kollegen von Radio Vatikan sagt Bischof Hinder:

„Die neue Lage betrifft uns zumindest indirekt und vielleicht bald auch schon direkt. Bis jetzt sind die Kirchen allerdings noch nicht betroffen – das ist ein internes Problem der jeweiligen Gesellschaften in den einzelnen Ländern. Natürlich haben einige Gläubige jetzt aber größere Schwierigkeiten, zur Messe in die Kirche zu kommen. Aber in einem Land wie etwa dem Jemen ist das eigentlich nichts Neues. Werden die Umwälzungen die Lage für die Christen insgesamt schwieriger machen? Das lässt sich heute noch nicht beantworten, das weiß im Moment noch niemand. Insgesamt darf man sich aber doch freuen, dass Menschen anfangen, zu reagieren und nach mehr Freiheit und Teilhabe verlangen: Das ist an sich positiv. Aber denken wir auch an die Revolutionen in der europäischen Geschichte: Da hat es nicht unbedingt gleich von Anfang an gute Ergebnisse gegeben. Das gilt auch für Frankreich, das Revolutionsland schlechthin.“

Skeptisch äußert sich der Bischof zu einem möglichen Friedensappell von christlicher Seite. Ein entsprechender Aufruf eines katholischen Bischofs „würde hier ungehört verhallen“, so Hinder. Selbst der Papst müsse „sehr aufpassen, dass das, was er sagt, nicht als Parteinahme ausgelegt würde“, betonte der Schweizer Ordensmann.

„Ich hoffe doch, dass wir letztlich zu etwas offeneren Gesellschaften kommen, die auch gegenüber anderen Religionen und Bekenntnissen toleranter sind. Und natürlich verdienen die Völker mehr Mitsprache bei der Gestaltung ihres Geschicks. Was nun die Gastarbeiter in den Golfstaaten betrifft – das ist ein eigenes Kapitel. Hier in den Vereinigten Arabischen Emiraten sind mindestens drei Viertel der Bevölkerung Ausländer, während sie im Jemen nur eine verschwindende Minderheit bilden. Aber auch wenn die Ausländer hier in den Emiraten numerisch die Mehrheit bilden, ist die Gestaltung des Staates doch das Vorrecht der Bürger, und bislang klappt das gut; hoffen wir, dass das auch in Zukunft so bleibt. Was Bahrain oder Saudi-Arabien betrifft, sollte man jetzt die weitere Entwicklung abwarten... Insgesamt bin ich hoffnungsvoll, aber natürlich wird es nicht überall gewaltfrei bleiben – es wird hier und da auch zu Gewalt kommen. Dennoch hoffe ich, dass diese Länder lernen, eine Wende ohne allzuviel Blutvergießen hinzukriegen – im Zeichen von Gerechtigkeit, Frieden und Dialog.“

Hintergrund
König Hamad ibn Isa Al Chalifa hatte zu Wochenbeginn rund 1.000 saudische Soldaten ins Land gerufen und den Ausnahmezustand verhängt, um der Proteste in der Bevölkerung Herr zu werden. In der Hauptstadt Manama kam es wiederholt zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften; zwei Menschen wurden Presseberichten zufolge getötet.

(rv 17.03.2011 sk/mg)







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