Die größte katholische Ortskirche im Nahen Osten hat einen neuen Patriarchen: Bischof
Béchara Raï ist im Libanon zum neuen maronitischen Patriarchen von Antiochien gewählt
worden. Der bisherige Bischof von Jbeil - hinter diesem Ortsnamen verbirgt sich das
antike Byblos, das der Bibel den Namen gab - tritt in diesem Amt an die Stelle von
Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir, der ein Vierteljahrhundert lang Patriarch gewesen
war. Raï ist 71 Jahre alt und wurde 1967 Priester; seit 1986 ist er maronitischer
Bischof. Von 1967 bis 1975 war er übrigens der Leiter des arabischen Programms von
Radio Vatikan in Rom. Als Patriarch wird er in Bkerke in der Nähe von Jounieh residieren.
Raï wird der 77. Patriarch der maronitischen Kirche und damit verantwortlich
für gut drei Millionen Gläubige, davon je ein Drittel im Libanon und im lateinamerikanischen
Exil. Die Wahlversammlung im Patriarchenpalast von Bkerke war am vergangenen Mittwoch
zusammengetreten. Der neue Patriarch muss nun noch von Papst Benedikt XVI. bestätigt
werden. Erst wenige Tage vor dem Konklave hatte Raï in einem Interview die unaufgebbare
Verbindung der Maroniten mit dem Libanon betont. „Unsere Zahl mag schrumpfen oder
wachsen, aber unsere Wurzeln bleiben immer im Libanon“, sagte der Bischof einem libanesischen
Pressedienst.
Die maronitische Kirche ist die älteste der mit Rom unierten
Ostkirchen – und gleichzeitig die einzige, bei der es gelang, eine Ostkirche vollständig
in die Gemeinschaft mit Rom zu führen. Nach ihrem Selbstverständnis war sie allerdings
nie von Rom getrennt. Ihr Kirchenkalender ist gregorianisch, ihre Kirchensprache hingegen
Arabisch und Altsyrisch-aramäisch, was in etwa dem Idiom Jesu entspricht. Der Name
Maroniten leitet sich ab von einem heiligen Einsiedler des fünften Jahrhunderts. Einen
Patriarchen hat die maronitische Kirche seit dem 8. Jahrhundert. Laut libanesischer
Verfassung muss der Präsident des Libanon immer ein maronitischer Christ sein.