Indien: Christlicher Zusammenhalt in Zeiten der Diskriminierung
Die Lage der Christen in Indien ist angespannt, dennoch sieht Erzbischof Leo Cornelio
die Lage gelassen. Mit dem Würzburger Sonntagsblatt sprach der Erzbischof der zentralindischen
Stadt Bhopal über Glaube, Zusammenhalt und den religiösen Dialog.
Indien ist
ein Land mit vielen verschiedenen Religionen und Kulturen. Trotzt der Unterschiede
herrsche Toleranz. Cornelio erklärt sich die wiederholten Anschläge radikaler Hindus
auf Christen in der jüngsten Vergangenheit durch zwei Aspekte. Zum hätten Kolonialmächte
Indien über Jahrhunderte ausgebeutet. Dadurch herrsche bis heute Misstrauen gegenüber
Ausländern, so Cornelio. Nun sei das Christentum eine Religion, die von Ausländern
mit ins Land gebracht wurde und zu der viele Inder die Einstellung hätten, es sei
eine aggressiv missionierende Religion. Diesen Eindruck machten sich politisch motivierte
Hindus zu nutze, um die Anschläge auf Christen zu rechtfertigen. Die Religion werde
als Waffe missbraucht.
Der zweite Aspekt, den Cornelio einwirft, betrifft das
Gesellschaftsverständnis der Inder. Durch das auch heute noch gesellschaftlich verankerte
Kastensystem stoße das Christentum oft auf Widerstand. Als Religion, die sich für
die Armen und Ausgegrenzten einsetzt und damit für Gleichheit und Gerechtigkeit, widerspricht
sie den in den Köpfen der Inder verankerten Ansichten. In Bhopal, dem Bistum Cornelios,
leben etwa 15.000 Katholiken und etwa gleich viele Christen anderer Konfessionen.
Auch hier machten sich die Priester, Ordensleute und Laien für die Armen stark und
auch hier kämpften sie gegen Diskriminierungen. „Das ist der Preis, den wir für unseren
Glauben zahlen müssen“, so Cornelio gegenüber dem Würzburger Sonntagsblatt. Im Allgemeinen
werde die Kirche dennoch respektiert, weil sie sich in Bereichen engagiert, in denen
die Regierung nur zögerlich handelt.
Neben der römisch-katholischen gibt es
in Indien zwei weitere mit Rom unierte Kirchen, die syro-malabarische und die syro-malankarische
Kirche. Trotz ihrer verschiedenen Traditionen herrsche in Indien der Zusammenhalt
der drei Kirchen. Cornelio weiß, dass der innere Zusammenhalt wichtig ist, vor allem
in Zeiten äußerer Angriffe. Auf die Frage des Würzburger Sonntagsblattes, was die
deutschen Katholiken von den indischen lernen könnten, wusste der Erzbischof zwei
Antworten. Erstens werde der Zusammenhalt der Familie in Indien viel stärker gepflegt,
was vorbildlich sei, zum anderen seien die indischen Katholiken toleranter. Die Akzeptanz
von Unterschieden und der gegenseitige Respekt seien gut für das Wachstum der Kirche.
Vielleicht könnten die Erfahrungen, die die indische Kirche in einem Umfeld multikultureller
und multireligiöser Gläubigen gewinnt, förderlich sein für eine Wiederbelebung des
christlichen Glaubens in Deutschland.