2011-03-04 12:08:27

Österreich: Der Facebook-Pfarrer


Papst Benedikt XVI. hat ja bereits zum Beginn der Versammlung des päpstlichen Medienrates am Montag die Kirche dazu aufgerufen, die Sprache der digitalen Welt zu erlernen. Zum Abschluss der Versammlung gehen wir der Frage nach, wie das gehen kann, und wir nehmen das Beispiel Facebook. In Deutschland, der Schweiz und in Österreich sind bereits mehrere Priester in sozialen Online-Netzwerken zu finden. Auf Facebook, dem größten dieser Netzwerke, hat der Wiener Dompfarrer zu St.Stephan diese Woche einen Rekord feiern dürfen. Für Radio Vatikan berichtet Alex Kofler:

500 Millionen Mitglieder hat Facebook. Rund die Hälfte loggt sich mindestens einmal täglich in das Netzwerk ein. Wäre Facebook ein Staat, wäre es der Bevölkerung nach hinter China und Indien der drittgrößte Staat der Welt, größer als die USA. Im Schnitt steht dabei jedes Mitglied mit 130 so genannten Freunden in Verbindung. Stolze 3.500 Freunde umfasst mittlerweile die Liste von Dompfarrer Toni Faber aus Wien. Er ist damit der Priester mit den meisten Facebook-Freunden in Österreich.

"Für mich war das eine wunderbare Gelegenheit,eine große Welt zu öffnen. Ich hab mir nicht gedacht, dass ich jemals so viele Freunde auf Facebook haben werde. Die 3.500 sind jetzt gerade vor zehn Minuten geglückt, der 3.500ste Freundschaftsanfrage-Steller war da und ich hab persönlich geantwortet. Eine tolle Gelegenheit, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Es ersetzt nichts von dem, was die persönliche Kommunikation absolut wertvoll und notwendig macht, aber es wird wunderbar ergänzt mit der großen Facebook-Gemeinschaft."

Soziale Netzwerke wie Facebook sollen die Grundlage für die Organisation der Revolutionen in Nordafrika gewesen sein. Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation scheinen - im Großen wie im Kleinen - neue Dimensionen erreicht zu haben.

"Ich bekomme wahnsinnig viele Einladungen und Informationen, wie es Menschen gerade geht. Es sind natürlich auch oberflächliche Dinge dabei, die ich nicht stündlich oder täglich verfolgen kann. Wesentliche Angebote, Initiativen, Stimmungen kann ich dadurch aber deutlicher wahrnehmen als mir das ohne Facebook gelingen könnte. Ich selbst kann auch das, was mir wichtig ist, in eine Gemeinschaft hineinlegen und anbieten, die ich sonst nicht erreichen könnte. Ich glaube, man muss das eine tun und das andere nicht lassen. Wir sind als Kirche immer gerufen, die Mittel zu wählen, die so oder so verwendet werden können. Wenn wir sie gut verwenden, dann kann damit dem sozialen Zusammensein der Menschen gedient werden."

Der Gründer von Facebook, Mark Zuckerberg, hält die Privatsphäre für „nicht mehr zeitgemäß“ und für ein „überholtes Konzept“. Datenschützer kritisieren Facebook wegen dessen Umgang mit den persönlichen Daten seiner Mitglieder. Solche Kritik nimmt der Dompfarrer durchaus ernst.

"Neben den vielen Vorteilen, die Facebook bietet, sehe ich natürlich auch zwei große Gefahren. Einerseits, dass gerade Jugendliche in ihrer Offenheit, in ihrer Bereitschaft vieles mitzuteilen, in die Gefahr kommen, dass sie viel zu viel Persönliches von sich preisgeben, dass nicht mehr die Intimität einer Freundschaft besprochen und angesehen werden kann, sondern plötzlich für alle Welt zugreifbar ist. Ob das jetzt Fotos sind, oder Beiträge, die die Arbeit, die Ausbildung, die Schule, die Lehrer, die Eltern, die Freunde betreffen. Das ist die eine große Gefahr. Die andere große Gefahr ist sicherlich die, dass Menschen hineinkippen können und diese Kommunikationsform auf Facebook als die eigentliche und primäre und alleinige Kommunikationsform wählen. Das ist dann natürlich sehr schlecht, wenn die normale Kommunikation von Gesicht zu Gesicht - face to face - hintangestellt wird und völlig verloren geht. Die Kommunikationsform über Facebook kann immer nur eine Ergänzung zu dem sein, wo wir persönlich miteinander kommunizieren, nie ein Ersatz."

Diözesen wie Bozen-Brixen oder die katholische Jungschar in Linz sind bereits auf Facebook vertreten. Auch Dompfarrer Faber hat das Netzwerk von Facebook bereits mehrere Male gute Dienste leisten können.

"Ich bin aus Ärger vor zehn Jahren aus der Kirche ausgetreten und jetzt würde ich gerne den Wiedereintritt wagen. Eine junge Person ist über Facebook an mich herangetreten und ist schon wieder einer von den 70 Wiedereingetretenen, die bei mir jedes Jahr die kirchliche Gemeinschaft suchen, finden und wieder als eine Gemeinschaft erfahren, die ihnen hilft. Über Facebook habe ich Freunde wie diese junge Dame auch schon wieder zurückgeführt und einige andere auf diesem Weg für eine Hochzeit, eine Taufe oder sonstige kirchliche Feiern gewinnen können."

Die Forderung des Papstes beim diesjährigen Medienrat scheint Toni Faber bereits zu erfüllen: Der Dompfarrer hat begonnen, die Sprache der neuen Medien zu lernen und die Chancen der vernetzten Kommunikation zu nutzen. Wir gratulieren sehr herzlich zu seinem 3.500 Freunde umfassenden Online-Netzwerk.







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