Entwickelt sich die
Elfenbeinküste abseits der großen Scheinwerfer zu einem zweiten Somalia? Immer noch
ist die schwere politische Krise des Landes ungelöst: zwei Präsidenten, die sich befehden,
UNO-Blauhelme, die selbst immer wieder zur Zielscheibe von Angriffen werden, Unruhen
und Tote, die Angst vor einem Bürgerkrieg. Mehrere afrikanische Staatspräsidenten
bemühen sich um eine Lösung der Krise. Alexis Touabli Youlo ist Bischof von Agboville:
„Die
Lage ist beklemmend und beunruhigend; für den Moment scheint mir das Volk aber noch
genügend moralische Ressourcen zu haben, um durchzuhalten. Wir warten jetzt auf die
Veröffentlichung der Vorschläge der afrikanischen Staatschefs und hoffen, dass sich
daraus ein Ausweg aus der Krise ergibt. In den Dörfern haben die Leute viele Barrikaden
errichtet, um alle Autos zu kontrollieren und zu verhindern, dass Rebellen einsickern.“
Immer
wieder kommt es zu Gewalt – nicht nur in Abidjan, sondern überall im Land. Auch in
Yamoussoukro, der offiziellen Hauptstadt in den Bergen, die durch ihre Petersdom-Kopie
bekannt ist, die größte Kirche der Christenheit.
„Hier in Agboville gibt
es zwar keine Gewalt, aber dafür viele Gerüchte: Alle gehen davon aus, dass Angriffe
bevorstehen, keiner weiß zu sagen wo. Die Angst bei den Menschensteigt immer mehr,
sie gehen nicht mehr so oft aus dem Haus wie zu normalen Zeiten. Die Kirche hat vor
ein paar Wochen versucht, eine Vermittlung zwischen den verfeindeten Lagern in Gang
zu bringen, aber man kann jetzt nicht mehr so einfach von einer Region in die andere
reisen, und darum schaffen die Bischöfe es nicht einmal mehr, sich untereinander zu
treffen.“ Die Streithähne in Elfenbeinküste sind der bisherige Präsident Laurent
Gbagbo und sein Herausforderer Alassane Ouattara. Der Letztgenannte ist Sieger der
Präsidentenwahl vom letzten November, doch Gbagbo will seinen Thron nicht räumen.
Er rüstet auf – u.a. mit Waffenlieferungen aus Weißrußland – und wendet sich immer
mehr gegen die rund 11.000 Mann starke UNO-Blauhelmmission. Letzte Woche brachen außerdem
schwere Kämpfe zwischen Gbagbo-Truppen und Rebellen an der Waffenstillstandslinie
quer durch die Elfenbeinküste aus - erstmals seit sechs Jahren.
„Ich wüßte
offen gesagt nicht, welche Lösung es für den Konflikt geben könnte. Natürlich darf
ich als Christ nicht die Hoffnung fahren lassen, aber es ist politisch wirklich schwierig.“ Im
Abidjaner Stadtteil Abobo sollen Bewaffnete eine Kirche umstellt haben. In ihr halten
sich nach UNO-Angaben etwa sechzig Familien auf – ohne Nahrungsmittel oder Wasser.
Die Bewaffneten hinderten die Eingeschlossenen daran, die Kirche zu verlassen. Es
gebe viele Berichte über herumliegende Leichen, brennende Busse und herumstreifende
Bewaffnete in dem Stadtteil, so die UNO.