Das Papstbuch: Judas, Pilatus und das letzte Abendmahl
Benedikt XVI. hat
den zweiten Teil seines Jesusbuches geschrieben, in der nächsten Woche soll es offiziell
erscheinen. Aber schon an diesem Mittwoch hat der Vatikan drei Kapitel aus dem Buch
auf Italienisch vorab veröffentlicht. Pater Bernd Hagenkord hat die Kapitel für uns
gelesen. Pater Hagenkord, worum geht es in diesen drei Kapiteln?
„Es
sind die Kapitel zum Verrat des Judas, zum Datum des letzten Abendmahles und zu Jesus
vor Pilatus. Sie zeigen den Erzähler Benedikt XVI., mehr noch als der erste Band.
Da ging es ja immer auch um Theologie und die Auseinandersetzung mit verschiedenen
Theologen, durch diese Kapitel – und wenn sie ausgewählt sind, werden sie wohl etwas
vom Charakter des Buches verraten – führt der Erzähler Benedikt und schlüsselt die
einzelnen Bilder auf. Natürlich geht der Papst auch theologischen Debatten nach, aber
mehr noch als im ersten Band geht es um die Erzählung. Wie saß man damals zu Tisch
und was bedeutet es, an der „Brust des Herrn zu liegen“, was können wir aus jüdischen
Kalendern lernen und so etwas.“
Schauen wir auf das erste Kapitel, das
über Judas. Was hat der Papst über denjenigen zu erzählen, der Jesus verraten hat?
„An
Judas interessiert Benedikt weniger der Mensch selber, er sieht ihn weit jenseits
jeder möglichen psychologischen Erklärung. Benedikt schreibt über die Erfüllung der
Schrift durch den Verrat und – da kommt eines der Lieblingsthemen des Papstes zum
Vorschein – durch die Unfreiheit, die entsteht, wenn man sich von Jesus Christus abwendet.
Judas glaubte, frei zu entscheiden, und dann kam aber die Verzweiflung und die Nacht
über ihn.“
Das zweite Kapitel, so haben Sie gesagt, handelt davon, wann
genau denn das Abendmahl stattgefunden hat. Warum ist diese Frage relevant?
„Die
Datumsfrage für das letzte Abendmahl ist deswegen so interessant, weil Benedikt ja
die Geschichte des Jesus von Nazareth erzählt, so wie die Evangelien berichten. In
Teil 1 seines Buches hatte er geschrieben, dass er den Evangelien vertraue. Da ist
ein Widerspruch wie der zwischen Johannes und den anderen Evangelien natürlich nicht
unwichtig. Für Johannes ist das letzte Abendmahl vor dem Passahfest, für die anderen
Evangelien ist es das Passahmahl. Wem in seiner Erzählung glauben? Der Papst tut nicht
so, als ob alle vier eigentlich das gleiche sagen, sondern entscheidet sich für den
Ablauf nach Johannes, und er bringt auch seine Gründe dafür vor, die theologischen
genauso wie die historischen.“
Das dritte Kapitel: Jesus vor Pilatus. Eine
Geschichte, die wir aus der Passionserzählung kennen. Kann der Papst hier Neues erzählen?
„Es
geht dem Papst gar nicht so sehr um Neuerungen und Dinge, die noch niemand so gesagt
hat. Er will die Geschichte dieses Jesus erzählen. In der Pilatusgeschichte wird noch
einmal die Präferenz Benedikts für den Evangelisten Johannes deutlich. Er folgt ihm
in seinem Bericht und auch in der Schilderung des Gesprächs von Pilatus und Jesus,
dem Hinein- und Hinausgehen und so weiter. Das ist zwar kein „Prozessprotokoll“, wie
der Papst sagt, fasst aber die zentrale Frage der Verurteilung Jesu durch Pilatus
und das Volk auf: es geht um das Königtum Jesu. Und die Wichtigkeit dieses Königtum
findet sich bereits in den ersten Kapiteln des ersten Bandes des Jesusbuches des Papstes,
es ist sein zentraler Anker. Deswegen ist die Gegenüberstellung zwischen dem Statthalter
und dem wahren König dem Erzähler Benedikt so wertvoll.“