D/Venezuela: Mission im Sinn der Befreiungstheologie
Zu einer neuen Bereitschaft zur Mission hat der Vizepräsident des lateinamerikanischen
Bischofsrates CELAM, Erzbischof Baltazar Enrique Porras Cardozo, aufgerufen. Mission
bedeute, „dass wir dorthin gehen, wo die Menschen nicht mehr zu uns kommen; wo sie
arm und ausgeschlossen und marginalisiert sind, nicht mehr religiös sind", so Porras
gegenüber der Nachrichtenagentur Kipa. Die konkrete Ausformung solcher Initiativen
könne nicht einem einheitlichen Schema folgen, sondern müsse sich den jeweils anderen
Bedingungen in den einzelnen Ländern und Diözesen anpassen. Als Dienst in Respekt
und Mitmenschlichkeit sei sie durchaus im Sinn der Befreiungstheologie zu verstehen.
Säkularisierung
in Lateinamerika Zur These von Religionssoziologen, die Bischöfe hätten
dort, wo in den 80er Jahren katholische Basisgemeinden funktionierten, diese zum Schweigen
gebracht, verwies der CELAM-Vizepräsident auf einen grundsätzlich veränderten sozialen,
religiösen und politischen Hintergrund seit den 60er bis 80er Jahren. Lateinamerika
sei religiös in einem enormen Wandel, so Porras: „Wir erleben allgemein einen Rückgang
des Glaubens, eine Säkularisierung. Die Familie, die Lebensbezüge allgemein wandeln
sich ungemein." Es gebe auch heute noch Basisgemeinden, aber sie seien „gesetzter,
friedlicher, gemäßigter", so die Einschätzung des Erzbischofs. Und wörtlich: „Da geht
es weniger darum, allein mit den großen Emotionen zu arbeiten, sondern auch mit Vernunft
und Überlegung."
Bewahrung der Schöpfung Das Denken der Befreiungstheologie
sei nach wie vor lebendig, betonte Porras, der auch stellvertretender Vorsitzender
der venezolanischen Bischofskonferenz ist. Ihre Grundüberzeugung der Geschwisterlichkeit
und Solidarität schließe aber heute auch neue Themen und andere Konfessionen mit ein.
Im Bereich Umwelt und Bewahrung der Schöpfung etwa gebe es Kooperationen mit anderen
christlichen Konfessionen. Das gelte in besonderer Weise für den Schutz der Amazonasregion
oder der Antarktis.
Porras äußerte sich am Rande der zweitägigen Konferenz
„Lateinamerika - der ‚katholische Kontinent’ im Wandel. Religiöse und gesellschaftliche
Transformationsprozesse". Die Tagung in Mülheim ist der Auftakt zur Feier des 50-jährigen
Bestehens der Bischöflichen Aktion Adveniat, dem Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen
Kirche in Deutschland.