2011-02-26 12:45:40

Ägypten/Libyen: Zwischen „Wunder“ und Entsetzen


RealAudioMP3 Für François Eid ist es „ein Wunder“, was er in den letzten Wochen erlebt hat. Als maronitischer Bischof von Kairo hat Eid die Umwälzungen vom Tahrir-Platz aus nächster Nähe miterlebt. Jetzt hofft er im Interview mit uns, „dass sich nicht religiöse Parteien in den Änderungsprozess einklinken, um diese Revolution der Jugend für ihre Zwecke auszunutzen“.

„Auf jeden Fall ist der Wandel jetzt unwiderruflich! Den Jugendlichen, die ihn herbeigeführt haben, geht es um einen Staat für alle Bürger, egal zu welcher Kultur, Religion oder Volksgruppe sie gehören. Wir wissen, dass Länder wie Libyen oder der Jemen auf Stammesbasis funktionieren; die jungen Ägypter hingegen fühlen sich als Einwohner eines nationalen und globalen Dorfes, nicht als Angehörige von Stämmen.“

Damit ist schon die heikle Lage in Libyen angesprochen. Der UNO-Menschenrechtsrat in Genf – zu anderen Zeiten oft ein Vehikel islamischer Forderungen – hat am Freitag eindringlich die Gewalt verurteilt, die das Regime von Muammar Gaddafi jetzt gegen das eigene Volk richtet. Vatikan-Erzbischof Silvano Maria Tomasi war bei der Sitzung in Genf als Beobachter dabei.

„Die Empfehlungen, die bei der Sitzung ausgesprochen wurden, scheinen mir wichtig: Die UNO-Generalversammlung sollte die Mitgliedschaft Libyens im Menschenrechtsrat aussetzen, weil die libyschen Behörden sich in ihrem Verhalten völlig gegen diese Prinzipien gestellt haben. Zweitens sollte eine internationale Mission in Libyen die Lage in Augenschein nehmen und sehen, wie man diese enorme Gewalt gegen die Zivilbevölkerung stoppen kann.“

Der Heilige Stuhl fordere ein sofortiges Ende der Gewalt und die Rückkehr zu einem Dialog, um zu sehen, ob sich nicht auch auf diesem Weg „eine Lösung“ finden lässt.

„Diese Demonstrationen drücken den Willen des Volkes aus, aktiv und demokratisch an der Gestaltung des Landes teilzuhaben. Der Heilige Stuhl ist empört und bestürzt über die zahllosen Opfer dieser libyschen Krise. Er versucht auch zu verstehen, was die internationale Gemeinschaft für die Bürger Libyens effektiv tun könnte. Außerdem geht es ihm darum, einem Massen-Exodus vorzubeugen. Ein solcher könnte unvermeidlich sein, wenn man für diese Krise keine einvernehmliche Lösung findet.“

Die Päpstliche Nuntiatur in Libyen bekräftigt, alle im Land tätigen Ordensleute wollten vor Ort „an der Seite der Leidenden bleiben“ und nicht evakuiert werden. Die ausländischen Ordensfrauen, die in den apostolischen Vikariaten von Tripolis und Bengasi arbeiten, stünden „weiterhin voll im Dienst an der Bevölkerung“. Die meisten der 16 Frauenorden seien in Krankenhäusern tätig; auch die 15 Priester und zwei Bischöfe in Libyen wollten jetzt nicht das Land verlassen, sondern „ihre Mission fortsetzen“. Erzbischof Tommaso Caputo schätzt, dass in dem Krisenland rund 100.000 Katholiken leben.

(rv 26.02.2011 sk)










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