Dominik Terstriep: Indifferenz. Von Kühle und Leidenschaft des Gleichgültigen. Eine
Besprechung von Pater Bernd Hagenkord
Indifferenz, Gleichgültigkeit – nicht
wirklich eine Eigenschaft, die man sich bei einem Christen wünschen würde. Im Gegenteil
sucht man eher Engagement, Überzeugung, Beziehung. Und doch: der Jesuitenpater Dominik
Terstriep blättert durch die europäische Geistesgeschichte und entdeckt auch Positives:
Indifferenz tritt immer dann kreativ auf, wenn der Mensch mit der Freiheit ringt,
wenn er mit einer Überfülle von Informationen und Eindrücken konfrontiert ist. Sie
kann zu einer Ausflucht werden, sie kann aber auch der Ort eines ehrlichen Suchens
und Unterscheidens sein. Indifferenz ist ein Gleichmacher. Zu besichtigen ist sie
durch unsere Geschichte. Zeugen des Autors sind bedeutende Geistesgrößen: Montaigne
und Meister Eckhart, Seneca und Ignatius von Loyola, Hölderlin und Marc Aurel. Terstriep
beschreibt die Einstellungen, die sich hinter dem Umgang mit Gleichgültigkeit verbergen. Am
deutlichsten treten die beiden Versionen – Ausflucht und Ort des Suchens – dabei in
der christlichen Geschichte hervor. In Pontius Pilatus Frage „Was ist Wahrheit?“ wird
die ganze Unbeteiligtheit deutlich, derer ein römischer Funktionär fähig ist. Er interessiert
sich nicht für die Antwort (die würde „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“
lauten), er stellt die Frage und verlässt dann den Raum, er benutzt die Frage, um
sich von Jesus zu entfernen. Wenige Stunden in der Geschichte später begegnet uns
das Gegenteil: Jesus ringt mit dem Willen Gottes und sein „Dein Wille geschehe, nicht
der meine“ ist Ausdruck seiner Beziehung zu Gott, hier ist Indifferenz gerade eben
nicht die Loslösung und der Rückzug. Ein spannendes und kluges Buch auf der Suche
danach, wie wir mit unserem Willen, mit der Überfülle der Dinge und Ansprüche um uns
herum und mit der Wahrheit umgehen.
Das Buch ist im EOS Verlag Sankt Ottilien
erschienen.