Proteste im Irak: „Nordafrikas Umbruch hat Auswirkungen auf den ganzen Nahen Osten”
Auch im Irak wurde in diesen Tagen protestiert. Der Weihbischof von Bagdad sagte uns,
hier mache sich die Enttäuschung der Menschen Luft, die seit acht Jahren in immer
dramatischeren Bedingungen lebten. In der Hauptstadt, aber auch an anderen Orten nahmen
die Kundgebungen gewalttätige Formen an. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP starben
landesweit insgesamt sieben Menschen. Der chaldäische Patriachalvikar von Bagdad,
Shlemon Warduni, erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan, was aus Sicht der Kirche der
Hintergrund der Proteste im Irak ist:
„Die Menschen protestieren wegen fehlender
Arbeitsplätze, des Mangels an Elektrizität und Wasser. Und dann ist auch noch das
Programm 'Oil for Food’, das uns wenigstens ein wenig Essen im Tausch für Erdöl garantierte,
nun beendet worden. Seit acht Jahren machen sie uns nun Versprechungen, aber bis heute
ist nicht viel getan worden, im Gegenteil: Die Situation verschlechtert sich. In diesem
Moment fehlt uns am meisten Frieden. Wenn es keinen Frieden gibt, wird das Leben immer
schwerer. Die Leute tun recht, zu protestieren und den Respekt vor eigenen Rechten
einzufordern.“
Stehen die Proteste im Irak in Zusammenhang mit denen in
Libyen? Die Proteste in Nordafrika hätten jedenfalls im gesamten Nahen Osten Spuren
hinterlassen, meint Warduni. Sie zeigten eine grundsätzliche Krise in arabischen Diktaturen
auf.
„Die Situation ist in allen arabischen Nationen ähnlich: das, was
derzeit passiert, wirft ja auf viele Diktatoren in der Welt ein Schlaglicht. Wir hoffen
jetzt, dass sie aus dieser Situation etwas lernen und sich entscheiden, dem eigenen
Volk Freiheit zu gewähren!“
Und was rät Warduni vom krisengeschüttelten
Irak aus den umbrechenden Ländern Nordafrikas?
„Vor allem muss man das
Gemeinwohl aller Bürger verteidigen, man muss eine Wirtschaft fördern, die die Rechte
aller garantiert und nicht durch persönliche Interessen oder politische Interessen
gekennzeichnet ist. Man kann doch nicht annehmen, dass Bürger Sklaven sind! Man muss
alles für den Frieden tun und die Sicherheit aller garantieren.“