2011-02-15 11:19:05

Iran: Christen haben Angst vor der Zukunft


RealAudioMP3 „Auf einmal griffen Polizei und Sicherheitskräfte die Menschen an, versuchten sie zu zerstreuen. Davon wiederum fühlten sich die Leute provoziert, sie schlugen zurück. Daraufhin setzte die Polizei Tränengas ein – auf sehr heftige Weise.“

Jagdszenen aus Teheran: Ein Journalist aus der Hauptstadt des Iran erzählt von den Unruhen, die an diesem Montag ausbrachen. Das Beispiel Ägypten versetzt derzeit den ganzen Nahen Osten in Wallung, auch im Iran gärt es wieder. Ramzi Garmou ist chaldäisch-katholischer Geistlicher und „Patriarchalverwalter“ in Teheran. Er sagte uns an diesem Dienstag in einem Interview:

„Wir haben Angst vor der Zukunft in politischer Hinsicht. Viele unserer Christen emigrieren deshalb in stabilere Länder. Unser größter Wunsch ist einfach, weiter in diesem Land leben zu können. Schließlich sind wir hier seit fast zweitausend Jahren heimisch und haben eine große Vergangenheit. Wir sehen den Apostel Thomas als Gründer unserer Kirche im Iran an, und wir hatten in der Vergangenheit eine außerordentliche missionarische Expansion. Von hier aus gingen zum Beispiel die ersten Missionare nach China!“

In vorislamischer Zeit habe das Christentum in Iran auch viele Märtyrer hervorgebracht, so der Patriarchalvikar. Heute stehe die Kirche in Persien allerdings bescheiden da:

„Unsere Kirche hat nur wenige Mitglieder; die Zahl der Christen im Iran überhaupt liegt derzeit nicht über 100.000. Die meisten sind Orthodoxe. Wir Katholiken haben drei Riten: Chaldäer, Lateiner, Armenier. Und wir machen etwa fünf- bis sechstausend Gläubige aus. Die Verfassung der Islamischen Republik gibt uns das Recht, die Messe im Inneren unserer religiösen Gebäude zu feiern und dort Katechismus-Unterricht zu erteilen.“

Eine Christenverfolgung im Iran gebe es zwar nicht, dennoch wanderten viele Christen aus, wie überhaupt aus dem ganzen Nahen Osten. Grund sei die allgemein unstabile Lage der Region. Doch Garmou will nicht explizit auf die neuesten Proteste in Teheran eingehen.

„Die Christen nehmen am Leben des Landes teil. Sie haben dieselben Probleme wie der Rest der Bevölkerung. Die Unsicherheit, die im Irak herrscht, wirkt sich auch auf uns aus, und auch wir erleben die Folgen der Unruhen, die es in den Ländern des Nahen Ostens gibt.“

Auf die Frage, wie die Beziehungen seiner Kirche zu den Behörden sind, antwortet Ramzi Garmou mit nur einem Wort: „Normal.“

Der iranische Polizeichef erklärte in der vergangenen Nacht, bei den Protesten seien ein Demonstrant erschossen und neun Polizisten verletzt worden. Er warf den so genannten „Volks-Mudschahedin“ vor, das Feuer eröffnet zu haben. Diese wiesen den Vorwurf an diesem Dienstag zurück. Im Parlament kam es an diesem Dienstag zu tumultartigen Szenen, als konservative Volksvertreter Oppositionspolitiker beschimpften.

(rv 15.02.2011 sk)









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